BGH hat zu Filesharing entschieden und das kann Abgemahnten nicht gefallen

Der Bundesgerichtshof hat gestern drei Entscheidungen gefällt, die für Filesharing-Abgemahnte durchaus unangenehme Folgen haben können. Der BGH hat nicht nur einen Schadensersatz in Höhe von 200 Euro pro geshartem Musiktitel für akzeptabel erklärt, sondern – auf den ersten Blick – auch die Anforderungen an die sogenannte „sekundäre Beweislast“ stärker definiert. Man könnte sagen: Einfaches Rausreden funktioniert nicht mehr, unabhängig von der Frage, ob es denn vorher schon hätte funktionieren können.

Der eigentliche Bärendienst, den die wegen Filesharings Abgemahnten allen anderen Betroffenen mit diesem Gang zum BGH geleistet haben, dürfte sein, dass der BGH auf den ersten Blick die Position der Rechteinhaber deutlich gestärkt hat. Während sich auf Ebene der Amtsgerichte inzwischen oftmals die Erkenntnis durchsetzte, dass die von der Musik- und Filmindustrie aufgemachten Schadensberechnungen deutlich überzogen sind, hat der BGH nun festgestellt, 200 Euro pro Musiktitel seien keineswegs zu beanstanden. Auf dieser Basis dürften folgerichtig auch die Kosten der anwaltlichen Vertretung in der Abmahnung berechnet werden. Alleine das kann für die Betroffenen richtig, richtig teuer werden.

Der BGH hat weiter entschieden, dass auch Eltern, die ihre Kinder nicht spezifisch über die Gefahren illegalen Filesharings aufklären und ihnen solches Filesharing verbieten, durch die Rechteinhaber in Anspruch genommen werden können. Es dürfte daher zukünftig zu sekundären Beweislast beklagter Kindseltern gehören, in einem Verfahren darzulegen, wie genau sie ihre Kinder hinsichtlich illegalen Musik- und Filmsharings belehrt haben. Wie das in der Praxis aussehen soll, mag man sich momentan noch nicht ausmalen.

Auch wer für angebliche illegales Filesharing über seinen Internetanschluss in Anspruch genommen wird, obwohl er zum Zeitpunkt des angeblichen Angebots gar nicht zu Hause war, wird zukünftig deutlich spezifischer argumentieren müssen als nur mit dem Hinweis, er sei im Urlaub gewesen. Wenig spezifischer Vortrag in solchen Fällen wird im Lichte der BGH-Entscheidung vermutlich in Zukunft zu einer direkten Haftung des Anschlussinhabers führen.

Auch wenn die Entscheidungen bislang noch nicht im Volltext vorliegen: Es ist absehbar, dass in vielen Fällen der Verteidigung gegen Filesharing-Ansprüche die Argumentationen und der Vortrag deutlich überarbeitet werden müssen. Auch in den hier entschiedenen Fällen haben sich die Beklagten offensichtlich mit unklugem oder unzureichendem Vortrag selbst in Schwierigkeiten gebracht – und wären vielleicht alleine deshalb besser nicht bis zum BGH gezogen.

In älteren, aber bislang noch nicht verjährten Fällen könnte es nun zu vermehrten Klageerhebungen kommen. Es ist ziemlich sicher davon auszugehen, dass die Rechteinhaber auf der Basis der aktuellen Entscheidungen musterhaft austesten werden, in welcher Form sich die Grundsätze der BGH-Entscheidungen nun auf solche Altfälle übertragen lassen. Und nicht jeder bisherige Vortrag auf Beklagtenseite wird dem standhalten. Betroffene sollten daher in jedem Fall Rücksprache mit einem Anwalt nehmen, bevor sie sich gegenüber den Abmahner äußern und durch fehlerhaften Vortrag ihre Chancen zunichte machen.

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