Archive for 2022

Dressur Studien live über die BVerfG-Entscheidung zu § 50 II TAMG

Mit Claudia Sanders von den Dressur-Studien habe ich mich über die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Tierarztvorbehalt bei der Anwendung von Humanhomöopathika unterhalten, die meine Kollegen Rechtsanwältin Daniela Müller und Dr. Oliver Herrmann in Karlsruhe erstritten haben.

Erleichterung für Tieheilpraktiker: Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes zum TAMG

Bodenseeregion: Streit um Pferdehaltung

In der Bodenseeregion sind seit sieben Jahren Pferde bekannt, die teilweise unzureichend mit Futter, Pflege und Versorgung versorgt werden. Der Fall ist dem Veterinäramt bekannt, jedoch sind die Hände der Behörde gebunden. Auf einer Weide stehen zwei Pferde, eines davon zeigt sichtbare Rippen. Eine zweite Koppel beherbergt acht Pferde, bei denen ebenfalls Rippen und Hüftknochen erkennbar sind. Der Besitzer der Tiere möchte keine Stellung zum Zustand der Pferde nehmen.

Das Veterinäramt erhielt vor etwa sieben Jahren erste Beschwerden hinsichtlich der Pferdehaltung, beanstandete Witterungsschutz, Fütterung, Versorgung und Pflege der Tiere. Seitdem wurden mehrere Kontrollen durchgeführt und Verbesserungsmaßnahmen eingefordert. Der Halter wurde beraten und einige Verstöße als Ordnungswidrigkeit geahndet. Nach den jeweiligen Anordnungen verbesserte sich die Tierhaltung, jedoch stellte sich langfristig keine Besserung der Situation ein.

Ein Tierhalteverbot gibt es erst bei erheblichen Verstößen über einen längeren Zeitraum und ohne Aussicht auf Besserung. Laut Landratsamt reichen die Beeinträchtigungen der Pferde nicht aus, damit das Veterinäramt über die bisherigen Maßnahmen hinaus tätig werden kann. Die Behörde kontrollierte zuletzt am 8. November und kündigte eine weitere Kontrolle an.

Tierarztvorbehalt für Humanhomöopathika im TAMG verfassungswidrig

Das Bundesverfassungsgericht hat mit heute veröffentlichtem Beschluss vom 29.09.2022 den Tierarztvorbehalt für die Anwendung nicht verschreibungspflichtiger Humanhomöopathika bei Tieren für verfassungswidrig erklärt. Die Regelung in § 50 Abs. 2 des Gesetzes über den Verkehr mit Tierarzneimitteln und zur Durchführung unionsrechtlicher Vorschriften betreffend Tierarzneimittel vom 27. September 2021 (Tierarzneimittelgesetz – TAMG) verstößt gegen Art. 2 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) und ist deshalb nichtig. Damit sind zwei Verfassungsbeschwerden gegen die Regelung, eines davon betreut von meinen Kollegen Rechtsanwältin Daniela Müller und Dr. Oliver Herrmann, erfolgreich.

Nach der bis zum 27. Januar 2022 geltenden Rechtslage war Personen, die nicht Tierärztinnen oder Tierärzte sind, die Anwendung jeglicher nicht verschreibungspflichtiger Humanarzneimittel bei Tieren, die nicht der Gewinnung von Lebensmitteln dienen, vorbehaltlos gestattet. Seit dem 28. Januar 2022 stellt § 50 Abs. 2 TAMG dies unter den Vorbehalt, dass die Arzneimittel von einer Tierärztin oder einem Tierarzt verschrieben oder abgegeben worden sind, und dass die Anwendung gemäß einer tierärztlichen Behandlungsanweisung erfolgt. Dieser so genannte Tierarztvorbehalt umfasst daher unter anderem die Anwendung nicht verschreibungspflichtiger, hochpotenzierter Humanarzneimittel bei Tieren.

Gegen diese Regel wendeten sich die Verfassungsbeschwerden von zwei Tierheilpraktikerinnen, die eine Verletzung ihrer Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG geltend machten. Darüber hinaus sahen sie eine Beschwerdeführerin auch als Tierhalterin in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzt. Das Bundesverfassungsgericht gab dem in beiden Punkten Recht. Read On…

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Arbeitszeit muss künftig erfasst werden – BAG Urteil ist da

Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hat am 13.09.2022 entschieden, dass Unternehmen verpflichtet sind, die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter zu erfassen. Das ergäbe sich aus der in § 3 Abs. 2 Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) normierten Pflicht des Arbeitgebers zur Sicherung des Gesundheitsschutzes. Der Arbeitgeber habe daher auch hinsichtlich der geleisteten Arbeitszeit für eine geeignete Organisation zu sorgen und die erforderlichen Mittel bereitzustellen, um die Arbeitszeit messen und erfassen zu können.

Arbeitsschutzgesetz gilt für alle Betriebe

Das Arbeitsschutzgesetz gilt für alle Betriebe in Deutschland, gleich, ob ein Betriebsrat besteht oder nicht. Damit sind nach der Lesart des BAG alle Unternehmen, gleich welcher Größe, verpflichtet, die Arbeitszeit künftig zu erfassen. In der Presseerklärung des BAG heisst es dazu: „Der Arbeitgeber ist nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG verpflichtet, ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann.“ Damit kommt diese Verpflichtung aufgrund des Urteils jetzt auf alle Betriebs zu, und zwar ohne jede gesetzliche Umsetzungsfrist („ab sofort“).

Auslöser der Entscheidung war eine Streitigkeit zwischen einem Arbeitgeber und einem Betriebsrat, bei dem es um die Frage des sog. Initiativrechts bei der Einführung von Neuregelungen ging. Dass sich daraus ein Grundsatzurteil hinsichtlich der Arbeitszeit entwickelte, hat offensichtlich nicht nur die Prozessparteien böse überrascht.

Notfall Versorgung für Tiere wird schwieriger und Kosten steigen

Die sich seit Jahren zuspitzende Notlage in der veterinärmedizinischen Notversorgung erreicht immer mehr Kammerbezirke. Zum 01.10.2022 wird nun auch die Anicura Recklinghausen ihren Notdienst an Wochenenden einstellen und begründet dies mit dem akuten Mangel an medizinischem Fachpersonal:

„Aufgrund des anhaltenden Fachkräftemangels bei stetig steigendem Arbeitsaufkommen, können wir – allen Bemühungen zum Trotz – einen 24/7 Notdienst nicht mehr weiter aufrechterhalten und müssen unseren Notdienst am Wochenende zum 30.09.2022 leider einstellen.“

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Es mangelt an Nachwuchs-Tierärzten

Wie die Tagesschau berichtet, verlassen zwar jedes Jahr rund 1.200 Absolventen die fünf tiermedizinischen Fakultäten in Deutschland, doch immer weniger beantragen auch eine Approbation (Zulassung zum Tierarztberuf). Da sich gleichzeitig das Netz von bislang rund 12.000 niedergelassenen Tierärzten aufgrund Verrentung und Praxenaufgabe ausdünnt, wird die Organisation von Notdiensten beständig schwieriger.

Kostendruck führt zu Steigerung der Gebühren

Tierhalter sind zudem ab Mitte November auch mit einer deutlichen Steigerung der Behandlungskosten konfrontiert, da zu diesem Zeitpunkt die neue Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) in Kraft tritt, nachdem die gesetzlichen Gebühren zuvor über lange Zeit nicht erhöht wurden. Dabei sind die Kosten für Tierarzbesuche in Deutschland bislang noch im Schnitt nur halb so hoch wie beispielsweise in Großbritannien.

Trotzdem erwarten viele Veterinäramter, mit denen ich in der täglichen Praxis spreche, dass die Zahl der Tierschutzdelikte aufgrund „eingesparter“ medizinischer Behandlungen für Tiere in Zukunft noch weiter steigen wird. Schon jetzt sei der Anfall an solchen Delikten viel größer als noch vor Jahren, aber in Zeiten allgemein dramatisch steigender Kosten sei nun mit entsprechende Mehranfall an solchen Fällen zu rechnen. Auch Tierschutzvereine richten sich auf eine zunehmende Zahl von Tierhaltern ein, die mit den Kosten für die Behandlung ihrer Tiere überfordert sind.

Tierschutzgesetz: Strafbarkeit durch Unterlassen kann schnell erreicht sein

Eine Anruferin berichtet, sie habe einige Pferde bei einem Pferdebetrieb untergestellt, wo sie eigentlich einen ruhigen Lebensabend verbringen sollten. Tatsächlich, so stellte sich dann heraus, wurde es kein schöner Lebensabend, sondern ein Drama für die Tiere.

Der Dienstleister habe die Tiere durchweg nicht ausreichend versorgt, insbesondere nicht ausreichend gefüttert oder medizinisch betreut. Zügig sei ein erstes Tier an Vernachlässigung verstorben, ein zweites dann verhungert, obwohl sie dem Dienstleister noch Futter zur Verfügung gestellt habe. Ein drittes Pferd sei sodann unbehandelt auf einer Weide an einer Kolik verstorben. Zwar habe die Anruferin nach Auftreten des ersten Falles das Veterinäramt eingeschaltet und auch nach dem zweiten Todesfall erneut beim Amt interveniert, aber da sie rund zehn Pferde unterzubringen gehabt habe, sei ihr dann erst deutlich später gelungen, einen neuen Platz für die Pferde zu finden. Da war es für das dritte Pferd bereits zu spät. Read On…

Keine Flinte für Schäfer zur Wolfsabwehr erlaubt

Das Verwaltungsgericht Lüneburg hat die Klage eines Schäfers gegen die Stadt Winsen (Luhe) abgewiesen, der die Erteilung einer waffenrechtlicher Erlaubnisse zum Erwerb und Führen einer Flinte im Kaliber 12 sowie auf Erteilung einer Schießerlaubnis beantragt hatte. Die Stadt hatte zuvor entsprechende Anträge abgelehnt.

Wolf steht unter strengem Schutz nach dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG)

Der Schäfer hatte in seinem Antrag argumentiert, dass er mit der Flinte sich seiner Herde nähernde Wölfe abschrecken und notfalls auch töten könne. Tatsächlich sei er durch Wolfsübergriffe in der Vergangenheit persönlich und wirtschaftlich betroffen. Das Gericht erkannte diese Betriffenheit an, sah aber aufgrund der derzeitigen Rechtslage kein ausreichendes Interesse des Klägers, Wölfe zum Schutz der Herde mit einer Schusswaffe zu töten oder zu verletzen. Der Wolf stehe sowohl europarechtlich als auch national nach dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) unter strengem Schutz.

Ob Gummigeschosse erlaubt wären, bleibt vorerst offen

Der erst im Gerichtsverfahren gestellte Antrag des Schäfers, ihm hilfsweise die Benutzung einer Flinte mit Gummigeschossen zu gestatten, hatte ebenfalls keinen Erfolg. Er müsse zunächst einen dahingehenden Antrag bei der Stadt Winsen stellen, beschied im das Gericht. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Der Schäfer kann noch beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht die Zulassung der Berufung beantragen.

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In Kooperation mit Rechtsanwältin Daniela Müller - Tierkanzlei Bielefeld