In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass Arbeitnehmer während eines Auslandsaufenthalts arbeitsunfähig werden. Dies wirft besondere rechtliche Fragen auf, insbesondere in Bezug auf die Anerkennung ausländischer Krankschreibungen. Ein aktueller Fall verdeutlicht die Herausforderungen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
Der Sachverhalt: Krankmeldung während des Urlaubs im Ausland
Ein Arbeitnehmer, der seit 2002 in einem Lagerbetrieb beschäftigt ist, hatte mehrfach Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt, die zeitlich direkt an seinen Urlaub anschlossen. Im Jahr 2022 reiste er nach Tunesien und informierte seinen Arbeitgeber per E-Mail über eine Krankschreibung bis zum 30. September, die von einem tunesischen Arzt ausgestellt wurde.
Der Arzt attestierte, dass der Arbeitnehmer an schweren Ischialbeschwerden leide und eine 24-tägige häusliche Ruhe erforderlich sei. Auffällig war jedoch, dass der Arbeitnehmer bereits einen Tag nach Ausstellung der Bescheinigung ein Fährticket für die Rückreise nach Deutschland buchte und diese Reise auch antrat.
Rechtliche Auseinandersetzung um die Entgeltfortzahlung
Der Arbeitgeber verweigerte die Entgeltfortzahlung für den Krankheitszeitraum und kürzte das Gehalt des Arbeitnehmers entsprechend. Der Arbeitnehmer legte daraufhin ergänzende ärztliche Bescheinigungen vor, die die Arbeitsunfähigkeit und das Reiseverbot bestätigen sollten. Dennoch blieb der Arbeitgeber skeptisch, insbesondere wegen der Widersprüche zwischen der bescheinigten Reiseunfähigkeit und der tatsächlich angetretenen Rückreise.
Gerichtliche Entscheidungen im Überblick
Das Arbeitsgericht wies die Klage des Arbeitnehmers auf Entgeltfortzahlung zunächst ab. Das Landesarbeitsgericht hingegen entschied zugunsten des Klägers und verurteilte den Arbeitgeber zur Zahlung.
Die Entscheidung zeigt, dass Arbeitgeber die Möglichkeit haben, die Glaubwürdigkeit ausländischer Krankschreibungen zu hinterfragen. Dabei ist jedoch Vorsicht geboten: Pauschale Zweifel genügen nicht, vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte für einen Missbrauch vorliegen.
Relevanz für die Praxis
Für Arbeitgeber stellt dieser Fall eine wichtige Erinnerung dar, Krankschreibungen sorgfältig zu prüfen, insbesondere wenn sie aus dem Ausland stammen und Unstimmigkeiten aufweisen. Gleichzeitig sollten sie die rechtlichen Grenzen beachten, um nicht in den Vorwurf unzulässiger Diskriminierung oder fehlerhafter Gehaltskürzungen zu geraten.