Arne Semsrott und die Frage der Pressefreiheit

In einem aktuellen Interview äußert sich Arne Semsrott, Chefredakteur des Informationsfreiheits-Portals „FragDenStaat“, zu den gegen ihn laufenden Ermittlungen der Berliner Staatsanwaltschaft. Die Anklagepunkte basieren auf der Veröffentlichung von drei Dokumenten aus einem laufenden Gerichtsverfahren gegen die Gruppe „Letzte Generation“. Semsrott vertritt dabei die Auffassung, dass der Paragraf 353d Nr. 3 des Strafgesetzbuches (StGB), welcher die Berichterstattung aus amtlichen Dokumenten von laufenden Strafverfahren einschränkt, verfassungswidrig sei. Sein Ziel ist es, die Verfassungswidrigkeit dieser Norm gerichtlich feststellen zu lassen, wobei er die Bedeutung der Pressefreiheit betont.

Gründe für die Veröffentlichung

Semsrott rechtfertigt die Veröffentlichung der Dokumente mit dem Verweis auf die öffentliche Relevanz des Falls rund um die „Letzte Generation“. Der schwere Vorwurf der Bildung einer kriminellen Organisation gegen die Klimaaktivist*innen und die damit verbundenen Folgen, wie beispielsweise die Telekommunikationsüberwachung, bedürfen laut ihm einer öffentlichen Diskussion. Er sieht einen Konflikt zwischen dem fraglichen Paragrafen und dem hohen Gut der Pressefreiheit und hofft auf ein Gerichtsurteil, das die Verfassungswidrigkeit der Norm anerkennt.

Im Hinblick auf die Schutzfunktion des Paragrafen 353d Nr. 3 StGB argumentiert Semsrott, dass in manchen Fällen die öffentliche Information wichtiger sei als der Schutz einzelner Beteiligter vor Vorverurteilung und Bloßstellung. Er sieht in diesem speziellen Fall keine negativen Auswirkungen auf Laienrichter durch die öffentliche Diskussion und fordert daher eine Abwägung mit der Pressefreiheit.

Politische und juristische Perspektiven

Die Diskussion um den Paragrafen ist nicht neu. Bereits ehemalige Justizminister*innen und politische Parteien wie die FDP und die Grünen haben sich für eine Abschaffung oder Reform eingesetzt. Semsrott kritisiert das Justizministerium für seine zögerliche Haltung in dieser Angelegenheit und fordert eine entschlossene Reform des Strafgesetzbuches. Seine persönliche Präferenz liegt bei der ersatzlosen Streichung des Paragrafen, er erkennt jedoch auch die Relevanz einer Fachdiskussion über mögliche Abwägungsklauseln an.

Bei einem Scheitern in allen nationalen Instanzen plant Semsrott, den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg anzurufen, da dieser bereits in der Vergangenheit die Bedeutung der Pressefreiheit in Gerichtsverfahren hervorgehoben hat. Seine Motivation speist sich aus der Sorge um die Meinungsfreiheit und dem potenziellen Missbrauch bestimmter Regelungen durch autoritäre Regierungen, exemplarisch erwähnt er dabei die AfD.

Abschließend thematisiert Semsrott das Risiko, das mit seiner geständigen Haltung einhergeht. Er rechnet im Falle einer Verurteilung mit einer Geldstrafe, zeigt sich aber auch kritisch im Hinblick auf die möglichen Konsequenzen. In einer ironischen Wendung erwähnt er sein Engagement im Projekt „Freiheitsfonds“, das sich dem Freikauf von Menschen aus Ersatzfreiheitsstrafen widmet, und spielt auf die Möglichkeit an, dass er sich möglicherweise selbst in dieser Funktion begegnen könnte.

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