: : Auswirkungen der EU-Gesetzgebung auf private Pferdehalter in Deutschland

Private Pferdehalter in Deutschland unterliegen bereits heute umfangreichen Anforderungen der Europäischen Union, vor allem im Bereich der Tierkennzeichnung. Seit Inkrafttreten der EU-Verordnung 2015/262, bekannt als „Equidenpass-Verordnung“, müssen alle Pferde, Esel und anderen Einhufer eindeutig identifiziert und registriert werden – unabhängig davon, ob sie privat oder gewerblich gehalten werden. Dies betrifft insbesondere die Pflicht zur Kennzeichnung mittels eines elektronischen Transponders und zur Ausstellung eines Equidenpasses. Zuständig für die Registrierung ist das zentrale Herkunftssicherungs- und Informationssystem Tier (HI-Tier).

Jeder Halter – also jede Person, die für ein Tier verantwortlich ist – muss seine Pferdehaltung bei der zuständigen Behörde anzeigen und erhält eine Registriernummer, selbst wenn es sich nur um ein einzelnes Freizeitpferd handelt. Auch bei einer privaten Haltung ohne Zucht- oder Sportambitionen besteht diese Meldepflicht.

Umsetzungspflichten für private Pferdehalter

Für private Pferdehalter bedeutet das konkret: Ein in Deutschland geborenes Fohlen muss innerhalb von zwölf Monaten gekennzeichnet und registriert sein. Bei Importpferden gelten ähnliche Pflichten. Versäumnisse können dazu führen, dass dem Tier der Schlachtstatus entzogen wird – mit entsprechenden Konsequenzen für den späteren Einsatz in der Lebensmittelkette.

Die Transponder dürfen ausschließlich von Tierärzten oder eigens geschultem Personal gesetzt werden. Zudem ist sicherzustellen, dass jeder Transponder korrekt mit den zentralen Datenbanken verknüpft ist. Wer ein Pferd hält, ist auch für die Aktualität der Angaben im Equidenpass verantwortlich – zum Beispiel beim Halter- oder Eigentümerwechsel.

Weitere EU-Regelungen mit Auswirkungen auf private Halter

Neben der Kennzeichnung betreffen weitere EU-Vorgaben den Tierschutz. Zwar sind die bekannten „Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten“ keine EU-Normen, doch sie spiegeln zunehmend auch europäische Standards wider. Dazu gehören Vorgaben zu Mindestflächen in Ställen, Sozialkontakt, Bewegungsmöglichkeiten sowie Anforderungen an Fütterung, Wasser und Pflege.

Besonders relevant für private Halter: Die Anforderungen gelten unabhängig von der Bestandsgröße. Selbst ein einzelnes Pferd, das in einem Offenstall gehalten wird, muss Zugang zu einer trockenen, verformbaren Liegefläche, regelmäßiger Pflege und tierärztlicher Versorgung haben. Künftige Überarbeitungen der EU-Tierschutzgesetzgebung könnten dazu führen, dass diese bislang als „Empfehlung“ geltenden Standards in verbindliche Rechtsnormen überführt werden.

Erwartbare Entwicklungen in der EU-Gesetzgebung

Die EU arbeitet derzeit an einer Überarbeitung des sogenannten „Animal Welfare Package“. Für Equiden ist dabei insbesondere die Harmonisierung von Haltungsstandards innerhalb der Mitgliedstaaten im Fokus. In Deutschland sind viele Anforderungen bereits streng ausgelegt. Es ist jedoch denkbar, dass künftig EU-weit verbindliche Mindestanforderungen zu Stallgrößen, Auslauf, Sozialkontakt oder Zugang zu Weideflächen eingeführt werden.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf dem Thema Umwelt- und Klimaschutz. Hier könnte es in naher Zukunft auch Anforderungen an die Ausgestaltung von Ausläufen oder die Nährstoffbilanzen von Pferdebetrieben geben. Private Halter, die Pferde auf eigenen Wiesen halten, könnten dann verpflichtet sein, Daten zum Nährstoffeintrag und zur Bodenbeschaffenheit zu dokumentieren, ähnlich wie es in landwirtschaftlichen Betrieben bereits Praxis ist.

Wird private Pferdehaltung durch die EU-Vorgaben erschwert?

Kurzfristig ändern sich für private Halter in Deutschland durch die EU-Gesetzgebung kaum spürbare Dinge – auch deshalb, weil nationale Vorschriften vielfach ohnehin strenger sind. Mittel- bis langfristig ist aber zu erwarten, dass der Aufwand an Dokumentation, Meldepflichten und baulichen Anforderungen steigen wird. Insbesondere bei Neubauten oder Umbauten werden EU-Standards stärker berücksichtigt werden müssen.

Ein gewisser Anpassungsdruck entsteht auch durch die zunehmende Digitalisierung: Daten zu Tieren, Haltungen, Futter oder Medikamenten sollen künftig elektronisch und EU-weit vernetzbar erfasst werden. Dies kann für technikaffine Halter Vorteile bringen – für andere jedoch einen zusätzlichen organisatorischen Aufwand bedeuten.

Empfehlung für private Pferdehalter

Wer auch in Zukunft rechtssicher Pferde halten will, sollte sich regelmäßig über gesetzliche Änderungen informieren und frühzeitig fachkundigen Rat einholen. Besonders empfehlenswert ist es, sich mit dem regionalen Veterinäramt, der Tierseuchenkasse und sachkundigen Beratungseinrichtungen wie den Landwirtschaftskammern in Verbindung zu setzen.

Auch wenn die EU-Vorgaben auf den ersten Blick überreguliert wirken mögen: Sie tragen letztlich dazu bei, einheitliche Standards im Tierschutz und in der Tiergesundheit durchzusetzen. Für verantwortungsvolle Halter sind sie vor allem eine Bestätigung der eigenen, bereits tierschutzgerechten Haltungspraxis.

Rechtsanwalt Nils Michael Becker aus Bad Honnef bei Bonn ist mit seiner Kanzlei auf Tierrecht, Datenschutz und Vereinsrecht spezialisiert. Er ist Partner und Dozent an der Tierechtsakademie in Bielefeld und unterrichtet regelmäßig an der Akademie des Deutschen Beamtenbundes (dbb Akademie). Einfache und schnelle Terminvereinbarung unter nilsbecker.de/telefontermin.“

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