» Bei Mängeln der Werksache kann neben Minderung des Vergütungsanspruchs auch Kosten­vorschuss­anspruch für Beseitigung des Mangels verlangt werden

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Urteil vom 22. August 2024 (Az.: VII ZR 68/22) klargestellt, dass Bauherren sowohl einen Minderungsanspruch nach § 634 Nr. 3 BGB als auch einen Kostenvorschussanspruch nach § 634 Nr. 2 BGB geltend machen können, wenn ein Werk mangelhaft ist. Beide Rechte stehen nebeneinander und schließen sich nicht aus.

Sachverhalt des Falls

Im zugrunde liegenden Fall hatten Bauherren nach der Fertigstellung eines Einfamilienhauses Schallschutzmängel festgestellt. Im Jahr 2016 forderten sie vor dem Landgericht Lüneburg eine Minderung der Vergütung wegen dieser Mängel. Das Gericht wies die Klage jedoch ab. Im Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Celle stellten die Bauherren ihre Forderung auf einen Kostenvorschuss für die Mängelbeseitigung um.

Das Oberlandesgericht entschied zugunsten der Bauherren und bejahte den Anspruch auf einen Kostenvorschuss. Die Umstellung von der Minderung auf den Vorschussanspruch sei zulässig. Die Baufirma legte daraufhin Revision ein, die der BGH zurückwies.

Rechtliche Einordnung durch den BGH

Der BGH stellte klar, dass die verschiedenen Mängelrechte des § 634 BGB, insbesondere der Minderungsanspruch (§ 634 Nr. 3 BGB) und der Anspruch auf einen Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung (§ 634 Nr. 2 BGB), unabhängig voneinander geltend gemacht werden können. Entscheidend ist, dass sie unterschiedliche Zielsetzungen verfolgen:
• Minderung: Der Minderungsanspruch reduziert die Vergütung und stellt eine endgültige Anpassung des Vertrags dar.
• Kostenvorschuss: Der Anspruch auf einen Kostenvorschuss dient dazu, dem Bauherrn die finanzielle Grundlage für die Beseitigung eines Mangels zu schaffen.

Der BGH führte weiter aus, dass eine vorherige Geltendmachung der Minderung den Kostenvorschussanspruch nicht ausschließt. Vielmehr ergänzen sich beide Rechte.

Bedeutung für die Praxis

Das Urteil verdeutlicht, dass Bauherren bei der Durchsetzung ihrer Rechte im Werkvertragsrecht flexibel bleiben können. Es schafft Rechtssicherheit in Bezug auf die parallele oder aufeinanderfolgende Geltendmachung von Mängelrechten.

Für Auftragnehmer, wie Bauunternehmen, unterstreicht die Entscheidung jedoch die Notwendigkeit, Mängel frühzeitig und umfassend zu beheben, um mögliche Mehrfachforderungen zu vermeiden.

Rechtsanwalt Nils Michael Becker unterstützt Mandanten bei der Klärung ihrer Rechte im Werkvertragsrecht.

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