Das Berliner Testament, eine in Deutschland verbreitete Regelung für Ehepaare, birgt steuerliche Tücken, wie der Bundesfinanzhof kürzlich hervorhob. Diese Form des Testaments sieht vor, dass Ehepartner sich gegenseitig als Alleinerben einsetzen und die Kinder erst nach dem Tod beider Elternteile erben. Eine Konsequenz daraus ist die doppelte Erhebung der Erbschaftsteuer, was den Staat begünstigt und die Erben finanziell belasten kann.
Beliebtheit und Absicherungsbestreben
Die Beliebtheit des Berliner Testaments ist unbestritten; 2018 wählten rund 60 Prozent der Ehepaare diese Form der Nachlassregelung. Hauptziel ist es, den überlebenden Partner finanziell abzusichern, beispielsweise um den erzwungenen Verkauf gemeinsamer Immobilien zu vermeiden. Das Testament regelt zwar nicht die gesetzliche Pflichtteilforderung der Kinder nach dem Tod eines Elternteils, bietet jedoch eine Gestaltungsmöglichkeit, diese zu steuern.
Strafklauseln und Jastrowsche Klausel
Strafklauseln im Berliner Testament dienen dazu, vorzeitige Erbansprüche von Kindern einzudämmen. Fordert ein Kind den Pflichtteil nach dem Tod des ersten Elternteils, sieht eine solche Klausel vor, dass es nach dem Tod des zweiten Elternteils lediglich den Pflichtteil erhält. Eine Verschärfung dieser Regelung stellt die „Jastrowsche Klausel“ dar, die im Falle einer Pflichtteilforderung einem anderen Kind einen zusätzlichen Nachlass des erstverstorbenen Elternteils zuspricht, zahlbar jedoch erst nach dem Tod des zweiten Elternteils.
Diese Klauseln können jedoch steuerliche Nachteile nach sich ziehen, wie ein Urteil des Bundesfinanzhofs zeigt. Im konkreten Fall musste die Mutter als Alleinerbin das Vermächtnis des verstorbenen Ehepartners versteuern, was zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung führte.
Ein wesentlicher Aspekt, der oft übersehen wird, ist die doppelte Erbschaftsteuerbelastung durch das Berliner Testament. Der überlebende Ehegatte kann im ersten Erbfall zur Kasse gebeten werden, falls sein Freibetrag überschritten wird. Im zweiten Erbfall, also nach dem Tod des überlebenden Ehegatten, sind es die Kinder, die steuerlich belastet werden. Dabei gehen ihre individuellen Freibeträge von je 400.000 Euro durch die initiale Enterbung verloren.
Ein weiteres Problem ergibt sich durch das Vermächtnis. Im besagten Fall des Bundesfinanzhofs klagte eine Tochter über die doppelte steuerliche Belastung. Zuerst wurde das Vermächtnis vom Erstverstorbenen durch die Mutter versteuert, und anschließend fiel die Steuerlast auf die Tochter. Obwohl der Bundesfinanzhof diese Situation als rechtlich korrekt ansah, bestätigte er damit die steuerlichen Nachteile, die das Berliner Testament mit sich bringen kann.
Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs wirft ein Schlaglicht auf die Komplexität und potenziellen finanziellen Fallstricke des Berliner Testaments. Es unterstreicht die Notwendigkeit, sich eingehend mit den steuerlichen Implikationen dieser Form der Nachlassregelung auseinanderzusetzen. Für Ehepaare, die ein Berliner Testament in Erwägung ziehen, ist es daher ratsam, sich umfassend zu informieren und gegebenenfalls fachlichen Rat einzuholen.