Der Streit um die EU-Tierarzneimittelverordnung

Seit Wochen laufen verschiedene Verbände, insbesondere auch Vertreter von Tierärzten, Sturm gegen einen vom EU-Abgeordneten Martin Häuser vorgelegten Entschließungsantrag (PDF) im Zusammenhang mit der EU-Tierarzneimittelrichtlinie. Der Vorwurf: Eine Annahme des Antrages auch im EU-Parlament werde zur Folge haben, dass den meisten Haus- und Nutztieren in Hobbyhaltungen zukünftig kaum noch Antibiotika verabreicht werden dürften mit der Folge, dass viele bislang gut behandelbare Krankheiten nun zum Tod der Tiere führen könnten.

Kann das sein? Die EU lässt unsere Haustiere sterben?

Wie üblich ist es im Detail etwas komplexer. Diskutiert wird eigentlich über einen Nachfolgerechtsakt der EU-Tierarzneimittelverordnung (EU-2019/6, PDF). Die Tierarzneimittelverordnung wurde bereits vor gut zwei Jahren beschlossen und ist wirksam ab dem 28.01.2022. Sie ist unmittelbar geltendes Recht in allen Mitgliedsstaaten und sollte bis zum Januar noch durch einen weiteren Rechtsakt konkretisiert werden. In diesem sollte geregelt werden, welcher Einsatz welcher Antibiotika in Zukunft stark reguliert oder sogar verboten sein soll – konkret: welche Reserveantibiotika ausschließlich für die Verwendung beim Menschen vorbehalten sein sollen.

Die EU-Kommission hat nach diversen Vorarbeiten in diesem Jahr einen Entwurf dieser Verordnung präsentiert, der nicht sehr lang ist (Entwurfstext (PDF), dazu dann noch dieser Annex (PDF)). Neben viel Zustimmung gab es aber auch nachhaltige Kritik: So begründete Martin Häusling seinen Einspruch damit, dass die von der EU-Kommission gewählten Kriterien für die Auswahl der reservierten Antibiotika viel zu weich seien, im Ergebnis werde damit das Ziel einer deutlichen Reduzierung des Antibiotika-Einsatzes nicht erreicht. Er hätte gerne, dass sich die Kritierien statt dessen sehr deutlich an den Empfehlungen der World Health Organisation (WHO) orientieren, die globale Reservierungen für bestimmte Wirkstoffgruppen präferiert.

Im Mai hat sich der zuständige Ausschuss des EU-Parlaments den Argumenten von Häusling angeschlossen und den Entwurf zunächst gestoppt (nicht offizielle Übersetzung der Entschließung vom 26. Mai 2021, PDF). Deshalb wird nun, am 9. September 2021, das gesamte Parlament über die Entschließung abstimmen. Wird die Entschließung auch diesmal angenommen, muss sich die EU-Kommission erneut mit dem Entwurf befassen und ihn unter Beachtung der Entschließung neu fassen. Was dabei rauskommt, ist keineswegs sicher, aber Häusling fürchtet, dass bei ablehnung der Entschließung eine entscheidende Chance vertan ist, wirksam gegen den Missbrauch von Antibiotika vorzugehen.

Insbesondere Verbände der Tierärzte machen Front gegen den Entschließungsantrag und haben eine Petition initiiert, die noch bis morgen (08.09.2021) gezeichnet werden kann. Die Unterschriftenliste sollen dann in Brüssel an deutsche Abgeordnete übergeben werden, um die Entschließung im Parlament zu stoppen.

Inzwischen hat Häusling eine umfangreiche FAQ auf den Weg gebracht und betont nachdrücklich, dass „die medizinische Versorgung von Haus- und Einzeltieren mit Antibiotika (…) weder aktuell noch zukünftig gefährdet“ sei.

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