Das Bundesverwaltungsgericht hat im Sommer zur Pferdesteuer entschieden: Die Steuererhebung sei zulässig, eine Revisionsentscheidung unnötig und überhaupt alles schon dagewesen. Die Aufregung war groß. Denn solche Hinweise nehmen Verbände wie die Deutsche Reiterliche Vereinigung, die Widerspruch nicht gewohnt ist, natürlich ungern hin. Dabei wäre sie vielleicht gut beraten gewesen, beim obersten Gericht gar keine Entscheidung abzufragen. Die Niederlage vor dem Bundesverwaltungsgericht hat abgelenkt vom eigentlichen Kern der Pferdesteuerdiskussion; sie hat den Blick darauf verstellt, dass es an dieser Front nicht viel zu klären gab, die Erhebung einer solchen Steuer aber trotzdem falsch wäre – in jedem einzelnen Fall.
Tatsächlich hat das Gericht im Wesentlichen nur wiederholt, was es (und andere) zu den sogenannten „örtlichen Aufwandssteuern“ schon gesagt hat: In Deutschland sind solche Steuern zulässig und mit Hunden oder Pferden hat das im Prinzip erst einmal nichts zu tun. Kommunen dürfen im Rahmen lokaler Satzungen für „Luxus“ ihrer Bürger zusätzliche Steuern erheben. Das folgt dem Gedanken, dass leistungsfähige Mitbürger an den Aufwänden, die ihr „Luxus“ in den betroffenen Gemeinden erzeugt, beteiligt werden sollen. Wer ab und an eine Zweitwohnung in einer anderen Gemeinde benutzt, vermehrt dort die Aufwände für Infrastruktur und Verwaltung. Weil die meisten Menschen nur eine Wohnung haben (und sich auch nur eine leisten können), ist die Zweitwohnung aus steuer- und verfassungsrechtlicher Sicht ein Luxus. Gleiches gilt, so die herrschende juristische Meinung, auch für das Halten von Hunden. Jeder kann einen haben, muss aber nicht. Wer einen hält, verursacht seiner Gemeinde mehr Aufwände als der Nachbar, der keinen hat. Zudem kostet der Hund Geld und die meisten Menschen haben keinen. Also darf die Hundehaltung als Luxus verstanden und lokal besteuert werden.
Beiden Beispielen ist gemein, dass sie auf viele andere Sachverhalte übertragbar sein könnten. Sicher spielt auch nur eine Minderheit der Menschen in Deutschland aktiv Fußball, benutzt aber öffentlich geförderte Bolzplätze dafür. Wer mit dem Rad zur Arbeit fährt, erwartet von seiner Gemeinde die Pflege der Radwege, obwohl die Mehrzahl seiner Kollegen morgens mit dem Auto vorfährt. Und trotzdem gibt es weder für den Fußball noch für das Radfahren Sondersteuern. Das liegt daran, dass es eben nicht nur eine juristische, sondern in erster Linie eine politische Entscheidung ist, ob der „Luxus“ bestimmter Menschen zusätzlich belastet wird. Oder anders gesagt: Wer in der Öffentlichkeit gut dasteht und beliebt ist, muss solche Risiken wie eine kommunale Aufwandssteuer eben weniger fürchten als solche, die eine derartige Lobby nicht im Rücken haben.
Die Tatsache, dass viele Kommunen nun, ermutigt durch das Leipziger Urteil, darüber nachdenken, eine solche Pferdesteuer einzuführen, ist deshalb in erster Linie auch ein Hinweis darauf, dass Pferde und Pferdehaltung in Deutschland nicht mehr die Sympathien genießen, die ihnen Verbände und Pferdehalter gern andichten. Schon lange nimmt die Gesetzgebung im Bau- und Umweltrecht keine sehr große Rücksicht mehr auf private und gewerbliche Pferdehalter. Wer einmal versucht hat, in Nordrhein-Westfalen einen simplen Pferdeunterstand im baurechtlichen „Außenbereich“ genehmigt zu bekommen, wird wissen, wie viel dem Staat insgesamt an der Pferdehaltung für jedermann gelegen ist – nämlich nicht sehr viel. Und dabei reden wir schon von einem Bundesland, in dem das Pferd im Landeswappen steht. Wer sich da Hoffnungen macht, die Öffentlichkeit werde ihn und sein Hobby ganz ohne Weiteres vor zusätzlichen Belastungen durch Steuern schützen, hat auch die Diskussion um Flugbenzin oder die Bettensteuer nicht verstanden.
Die Frage ist nicht, ob die Steuer erhoben werden darf. Die Frage ist, ob sie erhoben werden soll. Den Kampf gegen eine Pferdesteuer gewinnt eine Branche nicht am Richtertisch, sondern in der Öffentlichkeit. In diesem Zusammenhang lautet die schlechte Nachricht: Das glanzvolle Parkett in Aachen ist die falsche Botschaft an lokale Politiker, wenn es darum geht, Pferde von ihrem Ruf als Luxusgut zu befreien. Die gute lautet: Initiativen wie das Aktionsforum gegen die Pferdesteuer haben den Protest inzwischen auf die kommunalen Dorfstraßen getragen.
Deshalb sind aber auch die Sorgen, das Bundesverwaltungsgericht habe nun endgültig den Weg für eine Pferdesteuer geebnet, so nicht berechtigt. Das zeigt schon die Tatsache, dass sich diverse Kommunen nach und trotz der Entscheidung gegen die weitere Prüfung einer solchen Steuer entschieden haben. Vielleicht ist dort genau jene Erkenntnis gereift, die das eigentliche Argument gegen eine Besteuerung der Pferdehaltung ist: Dass Pferde, wie auch Hunde und andere Tiere, zu unserem Leben gehören sollten. Nicht als Luxus, sondern als für jedermann erlebbare Alltagstiere.
Dieser Beitrag stammt aus der Ausgabe 04/2015 der Dressur-Studien, die Sie hier erwerben können.