: : Die strafrechtliche Bedeutung von eidesstattlichen Versicherungen und die Fehleinschätzung des rbb

Die Berichterstattung des rbb zu Vorwürfen gegen den Bundestagsabgeordneten Stefan Gelbhaar hat erhebliche Fehler offenbart. Dabei steht insbesondere die Rolle einer vermeintlich eidesstattlichen Versicherung im Mittelpunkt, die der Sender offenbar für eine zuverlässige Beweisgrundlage hielt. Eine genauere Analyse zeigt jedoch, dass der rbb die strafrechtliche Bedeutung solcher Erklärungen grob missverstanden hat.

Eidesstattliche Versicherungen und ihre strafrechtliche Relevanz

Eidesstattliche Versicherungen haben nur dann strafrechtliche Bedeutung, wenn sie in einem Verfahren vor einer zuständigen Behörde abgegeben werden, das diese Form der Erklärung ausdrücklich vorsieht. Dies ist etwa bei gerichtlichen Verfahren der Fall, beispielsweise zur Glaubhaftmachung eines Antrags auf einstweilige Verfügung. Journalistische Redaktionen oder Rundfunkanstalten sind keine derartigen zuständigen Stellen. Folglich begründet eine schriftliche Erklärung, die als „eidesstattliche Versicherung“ bezeichnet wird, in diesem Kontext weder eine erhöhte Glaubwürdigkeit noch eine strafrechtliche Absicherung gegen Falschbehauptungen.

Entgegen der Aussage des rbb, dass eine falsche eidesstattliche Versicherung strafbar sei, wenn sie falsche Behauptungen enthält, gilt dies nur unter den oben genannten Voraussetzungen. Eine gegenüber Journalisten abgegebene Erklärung kann daher bestenfalls als ein schriftlich fixierter Hinweis betrachtet werden, nicht aber als Beweis mit strafrechtlicher Relevanz.

Versäumnisse des rbb in der journalistischen Sorgfaltspflicht

Im vorliegenden Fall stellte sich heraus, dass die zentrale Hinweisgeberin „Anne K.“ möglicherweise gar nicht existiert. Nach Angaben des rbb wurde die vermeintliche eidesstattliche Versicherung von einer Grünen-Politikerin aus Berlin-Mitte übergeben, die sich als „Anne K.“ ausgegeben haben soll. Diese Politikerin bestreitet jedoch, die Erklärung selbst abgegeben zu haben, und konnte auch keine Belege für die Existenz von „Anne K.“ vorlegen.

Besonders problematisch ist, dass der rbb die Identität der Hinweisgeberin offenbar nicht überprüfte. Dies hätte zumindest durch persönliche Treffen, die Vorlage eines Ausweises oder eine Bestätigung der Adresse geschehen müssen. Auch das Justiziariat des rbb hat die Beiträge offenbar nicht kritisch genug geprüft, bevor sie veröffentlicht wurden. Derartige Versäumnisse untergraben die Glaubwürdigkeit der Berichterstattung und werfen grundlegende Fragen zur Einhaltung journalistischer Standards auf.

Die Konsequenzen der Fehleinschätzung

Die falsche Annahme, dass eine eidesstattliche Versicherung in diesem Kontext strafrechtlich relevant sei, führte dazu, dass die Vorwürfe gegen Stefan Gelbhaar als glaubwürdiger dargestellt wurden, als sie tatsächlich waren. Dies dürfte weitreichende Folgen haben:
1. Schaden für die politische Karriere
Gelbhaar zog sich unter dem Druck der Vorwürfe von der Landesliste der Grünen zurück. Obwohl die Partei ihn zuvor mit großer Mehrheit als Direktkandidaten bestätigt hatte, entzog man ihm diese Position in einer erneuten Abstimmung.
2. Verlust des Vertrauens in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk
Fehlerhafte Recherchen und unzureichende Prüfung von Quellen beschädigen das Vertrauen in die journalistische Sorgfalt des rbb. Dies ist besonders problematisch, da der öffentlich-rechtliche Rundfunk auf eine hohe Glaubwürdigkeit angewiesen ist.
3. Schwierigkeiten für Hinweisgeberinnen
Der Fall könnte dazu führen, dass Personen, die tatsächlich Opfer von Belästigung oder Übergriffen wurden, künftig zögern, sich an Medien zu wenden. Die Sorge, selbst Gegenstand von Zweifeln oder Ermittlungen zu werden, könnte viele davon abhalten, Vorwürfe öffentlich zu machen.

Die rechtliche Einordnung

Die strafrechtliche Relevanz der Vorfälle ist begrenzt. Eine „falsche Versicherung an Eides statt“ (§ 156 StGB) liegt nicht vor, da die Erklärung nicht gegenüber einer zuständigen Behörde abgegeben wurde. Möglich sind jedoch andere Straftatbestände, etwa Verleumdung (§ 187 StGB) oder Urkundenfälschung (§ 267 StGB).

Fazit

Der Fall zeigt exemplarisch, wie gefährlich es ist, sich auf vermeintlich „strafrechtlich abgesicherte“ Aussagen zu verlassen, ohne deren Hintergrund sorgfältig zu prüfen. Journalistinnen und Journalisten tragen eine besondere Verantwortung, die Identität und Glaubwürdigkeit ihrer Quellen zu verifizieren – insbesondere bei sensiblen Vorwürfen mit potenziell gravierenden Folgen für die Betroffenen.

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