Die Mandantin hatte ein echtes Problem. Sie ist auf Räumung ihrer Wohnung verklagt und ihr bisheriger Anwalt hat einen Verhandlungstermin nicht wahrgenommen. Vermutlich, weil er zuvor schon eine Schriftsatzfrist versäumt hatte. Das Amtsgericht hatte deshalb gegen meine Mandantin ein Versäumisurteil erlassen und die Gegenseite drohte mit der – dadurch zulässigen – Zwangsräumung. Keine schönen Aussichten für die Feiertage, aber zum Glück fand sich da ein passendes Argument.
Gegen ein erstes Versäumnisurteil ist binnen zwei Wochen ein Einspruch möglich, verbunden mit dem Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung. Das Problem: Wenn die Wegbleiben im Termin selbst verschuldet war, kann die Zwangsvollstreckung nur gegen eine Sicherheitsleistung eingestellt werden. Als Harz-IV-Bezieherin hätte meine Mandantin eine solche Sicherheitsleistung aber nicht leisten können, deswegen hätte das nichts genutzt. Und der Fehler ihres Rechtsanwaltes wird ihr als Verschulden zugerechnet.
In der Akte konnte ich aber finden, dass das Gericht trotz frühzeitiger Antragstellung bis zum Verhandlungstermin noch nicht über den Antrag auf Prozesskostenhilfe zugunsten meiner Mandantin entschieden hatte. Und es gibt Gerichte, die die Auffassung vertreten, dass die Säumnis im Termin in einem solchen Fall nicht „schuldhaft“ ist. Den Richter hat dieses Argument zum Glück auch überzeugt. Trotz heftiger Gegenwehr der Klägerin hat er die Zwangsvollstreckung kurzerhand für einstweilen unzulässig erklärt, ohne dass meine Mandantin hierfür Sicherheit leisten muss.
Anlegen sollte man es auf solche Situationen aber nicht: Immer wieder nutzen Anwälte die „Flucht in die Säumnis“, wenn sie beispielsweise Schriftsatzfristen versäumt haben. In einem Räumungsprozess kann das aber für die Mandanten recht fatale Folgen haben, wenn mal kein passendes Schlupfloch zur Verfügung steht. Dass der Anwalt für solche Fehler in die Haftung genommen werden kann, wird den Betroffenen im Einzelfall wenig helfen, wenn die Wohnung weg ist.