: : Fischotterschutz in Bayern: Deutsche Umwelthilfe bekämpft Abschussregelung

Die Deutsche Umwelthilfe hat am 25. April 2025 beim Verwaltungsgericht Bayreuth einen Eilantrag eingereicht, um die in Oberfranken geltende Allgemeinverfügung zum Abschuss von Fischottern sofort auszusetzen. Seit Mitte Februar dürfen Teichwirte in ausgewählten Landkreisen unter bestimmten Voraussetzungen Abschussanträge stellen. Die Umweltorganisation sieht darin einen schweren Eingriff in eine streng geschützte Art und beantragt deshalb, die umstrittene Regelung noch vor Beginn der Hauptsaison der Teichwirtschaft außer Kraft zu setzen. Sie betont, dass jeder getötete Fischotter den Erhaltungszustand der regionalen Population gefährde und einen Präzedenzfall für den bundesweiten Artenschutz schaffen könnte.

Besonders geschützte Art trifft auf wirtschaftliche Interessen

Fischotter sind nach Bundesnaturschutzgesetz sowie europäischer Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie streng geschützt. Teichwirte und Anglerverbände klagen jedoch seit Jahren über Verluste, die sie den geschickten Räubern zuschreiben. Wo naturnahe Gewässer knapp sind, konzentrieren sich die Tiere auf bewirtschaftete Teiche und bedienen sich am Bestand. Gerade in Oberfranken konkurriert der Otterbestand mit einer Teichwirtschaft, die auf Absatz, Tradition und regionale Wertschöpfung angewiesen ist. Zwischen Schutzinteressen und Erwerbsgrundlage entstand ein Konflikt, den die Staatsregierung mit Abschusskontingenten entschärfen will. Kritiker halten dagegen, dass der Ruf nach der Flinte eher strukturelle Probleme überdeckt – wie steigende Kosten, Billigimporte und klimawandelbedingte Niedrigwasserphasen.

Rechtslage: Ausnahmetatbestände unter der Lupe

Grundsätzlich verbietet § 44 Bundesnaturschutzgesetz jede Tötung von Fischottern. Ausnahmen sind nur unter strikten Bedingungen nach § 45 Abs. 7 zulässig. Die Behörden müssen dabei nachweisen, dass ernsthafte wirtschaftliche Schäden vorliegen, keine milderen Mittel greifen und der günstige Erhaltungszustand der Art nicht gefährdet wird. Die bayerische Verordnung über Ausnahmen für besonders geschützte Arten – seit August 2024 in Kraft – ermöglicht der höheren Naturschutzbehörde, Abschussgebiete und Quoten festzulegen. Genau diese Ermächtigung greift die Deutsche Umwelthilfe an: Ihrer Ansicht nach fehlt eine umfassende Prüfung, ob die örtliche Population stabil genug ist und ob nicht-letale Maßnahmen – etwa stromführende Zäune, Teichabdeckungen oder Ausgleichszahlungen – ausreichend getestet wurden.

Kritik an Datenbasis und Populationsbewertung

Die Umweltorganisation bemängelt, dass sich die Abschussverfügung auf lückenhafte Bestandsdaten stützt. Zählungen erfolgten meist im Winter bei Niedrigwasser, wenn Otterspuren leichter erkennbar sind, was laut Experten die Tiere eher überschätzt. Gleichzeitig seien Verluste durch Verkehr, illegale Verfolgung oder Lebensraumzersplitterung unzureichend eingerechnet. Für eine Ausnahmegenehmigung müsste die Behörde aber nachweisen, dass selbst nach den Entnahmen ein stabiler oder wachsender Bestand verbleibt – und zwar nicht nur regional, sondern in der gesamten Kontinentalregion. Solange dieser Nachweis fehle, verstoße jede Abschussfreigabe gegen europäisches Artenschutzrecht.

Historie des Konflikts zwischen Otterschutz und Teichwirten

Bereits 2023 versuchte die damalige Landesregierung, Abschüsse durch eine Vorgängerregelung zu legalisieren. Umweltverbände klagten erfolgreich: Der Verwaltungsgerichtshof stoppte die Verordnung, weil Artenschutzbelange nicht ausreichend berücksichtigt worden waren. Die Behörden starteten daraufhin ein Beteiligungsverfahren und entwarfen die aktuelle Ausnahmeregelung. Aus Sicht der Kritiker blieb jedoch alles Wesentliche unverändert: Abschusskontingente orientieren sich weiterhin an wirtschaftlichen Zielgrößen statt an ökologischen Kennzahlen. Die Folge ist ein juristisches Déjà-vu, das erneut Gerichte bindet und Planungssicherheit für alle Beteiligten verhindert.

DUH fordert langfristige Lösungen für Teichwirtschaft

Anstelle kurzfristiger Abschüsse plädiert die Deutsche Umwelthilfe für ein mehrgleisiges Maßnahmenpaket. Dazu gehören Investitionen in ottersichere Teichsysteme, höhere Förderungen für extensive Bewirtschaftung und die Wiedervernetzung von Fließgewässern, damit Otter sich nicht auf Teichanlagen konzentrieren müssen. Zudem verlangt sie einen Vermarktungsbonus für regional erzeugten Karpfen, um Konkurrenz aus Billigimporten abzufedern. Die Organisation ist überzeugt, dass Koexistenz möglich ist, wenn die Politik Anreize für Prävention schafft, statt auf die letztinstanzliche Lösung Büchse zu setzen.

Staatsregierung verteidigt neue Allgemeinverfügung

Das Umweltministerium verweist auf ein breit aufgestelltes Monitoringprogramm und betont, dass Abschüsse nur unter strenger Kontrolle und innerhalb enger Kontingente erfolgen sollen. Zudem sei jede Entnahme mit Auflagen verbunden, etwa der Pflicht, alternative Abwehrmaßnahmen nachzuweisen. Man wolle einerseits die heimische Teichwirtschaft erhalten, andererseits dauerhaft gesunde Otterbestände sichern. Kritiker monieren allerdings, dass das Genehmigungsverfahren in der Praxis selten ablehne und damit dem politischen Druck der Fischereilobby nachgebe.

Mögliche Auswirkungen auf regionale Biodiversität

Ökologen warnen, dass der Fischotter als Spitzenprädator eine Schlüsselfunktion in Flussökosystemen erfülle. Entnahmen könnten Nahrungsnetze destabilisieren und invasive Arten begünstigen, da Otter unter anderem Signalkrebs und Kleinfischarten dezimieren, die sonst Teichanlagen stärker belasten. Eine gezielte Reduktion in Teilgebieten könne zudem Populationsinseln schaffen, die genetischen Austausch behindern. Langfristig drohe eine Verarmung der biologischen Vielfalt, wenn Abschüsse ohne begleitende Lebensraumverbesserungen erfolgen.

Zeitplan und Erwartungen an das Gericht

Das Verwaltungsgericht Bayreuth prüft den Eilantrag nun in einem beschleunigten Verfahren. Beobachter rechnen mit einer Entscheidung innerhalb weniger Wochen, da die Teichsaison im Frühsommer an Fahrt aufnimmt und Rechtsklarheit benötigt. Fällt der Beschluss zugunsten der Umweltorganisation aus, ist die Abschussverfügung vorläufig außer Kraft gesetzt, bis das Hauptsacheverfahren abgeschlossen ist. Lehnt das Gericht den Antrag ab, könnte die Deutsche Umwelthilfe Beschwerde beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof einlegen. Unabhängig vom Ausgang bleibt der Fall ein Gradmesser dafür, wie Politik, Wirtschaft und Naturschutz künftig miteinander ringen, wenn Artenschutz und Nutzung kollidieren.

Ausblick: Balance zwischen Artenschutz und Nutzung finden

Der Streit um den Fischotter zeigt exemplarisch, dass reine Verbote oder Freigaben selten nachhaltige Lösungen bieten. Erfolgversprechend sind vielmehr integrierte Konzepte, die Prävention, Ausgleich und Artenschutz zusammendenken. Nur wenn Förderinstrumente, Forschung und Praxis eng verzahnt werden, lassen sich wirtschaftliche Verluste minimieren, ohne eine geschützte Art zu gefährden. Das Verfahren in Bayreuth könnte daher wegweisend sein: Es klärt nicht nur die rechtliche Zulässigkeit von Abschüssen, sondern zwingt alle Beteiligten, tragfähige Kompromisse zu entwickeln, die Natur und Wirtschaft gleichermaßen stärken.

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