: : Gefährlicher Hund an der Grundstücksgrenze – Rechte, Pflichten und wirksame Schutzmaßnahmen

Hundesicherungspflichten auf dem eigenen Grundstück

Wer einen Hund hält, ist verpflichtet, von diesem keine Gefahr für Dritte oder deren Eigentum ausgehen zu lassen. Diese sogenannte Verkehrssicherungspflicht erstreckt sich nicht nur auf öffentlich zugängliche Orte, sondern auch auf das eigene Grundstück. Halter müssen sicherstellen, dass ihr Hund das Grundstück nicht eigenständig verlassen kann oder an der Grundstücksgrenze andere Personen oder Tiere gefährdet – selbst dann, wenn sich diese auf ihrem eigenen Nachbargrundstück aufhalten.

Besondere Bedeutung gewinnt diese Pflicht, wenn es sich um Hunde mit erhöhtem Gefährdungspotential handelt, etwa aufgrund von Rassezugehörigkeit oder aggressivem Verhalten. In vielen Bundesländern regeln spezielle Hundeverordnungen, wie solche Tiere zu sichern sind. Zäune, die ein Durchbeißen oder Durchspringen ermöglichen, sind hier unzureichend.

Grenzzäune und Eigentumsverhältnisse: Wer ist wofür verantwortlich?

Ein häufiger Streitpunkt ist der sogenannte „Grenzzaun“: Wer ist für diesen zuständig und wer darf daran bauliche Veränderungen vornehmen? Entscheidend ist hier, ob der Zaun als gemeinschaftliche Einrichtung (§ 921 BGB) gilt oder eindeutig im Eigentum eines Nachbarn steht. Steht der Zaun auf der Grenze, kann unter Umständen von einer gemeinsamen Einrichtung auszugehen sein – mit entsprechender Mitverantwortung beider Nachbarn für Erhaltung und Veränderung.

Steht der Zaun aber deutlich auf einem Grundstück, ist er dem jeweiligen Eigentümer zuzuordnen. Dann kann auch nur dieser Veränderungen vornehmen – was im Umkehrschluss bedeutet, dass der andere Nachbar nicht zur Nachbesserung verpflichtet werden kann, sondern gegebenenfalls selbst auf seinem Grundstück tätig werden muss, etwa durch das Errichten eines eigenen, ergänzenden Schutzzauns.

Rechtslage bei gefährlichen Zwischenfällen

Kommt es zu einem Angriff durch einen Hund, ist in rechtlicher Hinsicht zwischen verschiedenen Ebenen zu unterscheiden. Zivilrechtlich haftet der Hundehalter in der Regel nach § 833 BGB. Diese Gefährdungshaftung greift unabhängig von einem Verschulden – allein die Tatsache, dass der Hund einen Schaden verursacht, führt zur Ersatzpflicht.

Strafrechtlich kann zudem eine Anzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung (§ 229 StGB) oder Nötigung (§ 240 StGB) im Raum stehen, wenn ein aggressives Tier bewusst ungesichert gelassen wurde. Auch eine Ordnungswidrigkeit nach landesrechtlichen Vorschriften (etwa den jeweiligen Hundeverordnungen) kann vorliegen.

Hinzu kommen verwaltungsrechtliche Maßnahmen: Das Ordnungsamt kann Haltern nach einem Vorfall sogenannte Gefahrenabwehrverfügungen erteilen. Diese reichen von Leinen- und Maulkorbpflicht über die Einzäunung des Grundstücks bis hin zum Haltungsverbot.

Die Rolle der Rasselisten

In mehreren Bundesländern gelten sogenannte Rasselisten, die bestimmte Hunderassen als „gefährlich“ einstufen – darunter vielfach auch Bullterrier und ähnliche Rassen. Halter solcher Tiere unterliegen besonderen Anforderungen, etwa in Bezug auf Sachkunde, Versicherung und Sicherungsmaßnahmen.

Ein nicht ausreichend gesicherter Hund aus einer gelisteten Rasse ist deshalb nicht nur ein zivilrechtliches Risiko, sondern kann auch zu erheblichen ordnungsrechtlichen Konsequenzen führen. Wer regelmäßig die Sicherungsvorgaben verletzt, riskiert, dass das Tier als gefährlich eingestuft wird – mit allen Konsequenzen.

Prävention durch bauliche Maßnahmen

Auch wenn Halter gefährlicher Hunde zur Sicherung verpflichtet sind: Für den betroffenen Nachbarn stellt dies oft keinen ausreichenden Schutz dar, wenn die praktische Umsetzung scheitert. In solchen Fällen kann es sinnvoll sein, den eigenen Zaun zusätzlich zu sichern.

Ein Doppelstabmattenzaun mit mindestens 1,80 m Höhe, einbetonierten Pfosten und ggf. Sichtschutz ist ein probates Mittel, um sowohl physische als auch visuelle Reize für aggressive Hunde zu reduzieren. Die Kosten dafür muss jedoch in der Regel der Errichtende selbst tragen, sofern keine besondere rechtliche Mitverantwortung des Nachbarn nachgewiesen werden kann.

Empfohlene Schritte bei wiederholten Vorfällen

Wer sich durch einen unzureichend gesicherten Hund des Nachbarn bedroht fühlt, sollte wie folgt vorgehen:
1. Beweissicherung: Fertigen Sie Fotos oder Videos vom Hund am Zaun an. Dokumentieren Sie Datum und Uhrzeit sowie Verhalten.
2. Schriftliche Aufforderung: Bitten Sie den Nachbarn nachweislich – etwa durch ein Einwurfeinschreiben – zur Sicherung seines Hundes. Eine freundliche, aber bestimmte Formulierung hilft oft mehr als mündliche Beschwerden.
3. Meldung beim Ordnungsamt: Liegt eine konkrete Gefährdung vor, sollte das örtlich zuständige Ordnungsamt informiert werden. Dies ist insbesondere bei gelisteten Rassen oder bereits aggressiv auffälligem Verhalten sinnvoll.
4. Anwaltliche Hilfe: Bei ausbleibender Reaktion kann die Einschaltung eines Anwalts notwendig werden, um ggf. Unterlassungsansprüche oder eine Sicherungsverfügung durchzusetzen.

Keine Duldungspflicht für Angst oder Gefahrenlage

Niemand muss dulden, dass er seinen Garten oder sein Grundstück nicht mehr gefahrlos betreten kann. Eine faktische Verdrängung durch das aggressive Tier des Nachbarn ist unzulässig – sowohl rechtlich als auch moralisch.

Dabei ist es unerheblich, ob der Hund „nur“ am Zaun verbleibt: Wenn der Zaun bereits nachgibt oder der Hund mit dem Maul hindurchreichen kann, liegt eine konkrete Gefahr vor. Auch der Einwand, man habe „nicht gewusst, dass dort jemand ist“, schützt den Halter nicht vor den rechtlichen Konsequenzen.

Fazit: Sicherheit geht vor – aber mit klarer rechtlicher Basis

Im Spannungsfeld zwischen nachbarlichem Frieden und notwendiger Gefahrenabwehr ist rechtliche Klarheit entscheidend. Wer wiederholt mit einem aggressiven Nachbarhund konfrontiert ist, sollte zunächst sachlich, aber bestimmt kommunizieren – und notfalls ordnungs- oder zivilrechtliche Schritte einleiten. Der bessere Weg ist immer der präventive: Klare Zäune, klare Kommunikation, klare Verantwortung.

Rechtsanwalt Nils Michael Becker aus Bad Honnef bei Bonn ist mit seiner Kanzlei auf Tierrecht, Datenschutz und Vereinsrecht spezialisiert. Er ist Dozent an der Tierechtsakademie in Bielefeld. Einfache und schnelle Terminvereinbarung unter nilsbecker.de/telefontermin.“

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