: : Haftung bei krankheitsbedingten Mängeln nach Übernahme eines Auslandshundes

Rechtslage beim Tierkauf: Hund als Sache im juristischen Sinne

Tiere gelten im deutschen Zivilrecht gemäß § 90a BGB nicht als Sachen, werden jedoch in vielen Bereichen des Vertragsrechts wie Sachen behandelt. Das bedeutet: Wird ein Hund von einem Tierschutzverein an eine Privatperson abgegeben, liegt grundsätzlich ein Kaufvertrag im Sinne der §§ 433 ff. BGB vor, sofern keine andere vertragliche Konstruktion vereinbart wurde. Der Verein ist dann als Verkäufer, der neue Halter als Käufer anzusehen.

Zwar ist im Bereich des Auslandstierschutzes gelegentlich von einer „Vermittlung“ oder „Adoption“ die Rede. Rechtlich maßgeblich ist aber nicht die Bezeichnung, sondern der tatsächliche Inhalt des Vertrags. Erfolgt eine Übereignung gegen ein Entgelt, bei dem die Haltereigenschaft vollständig übergeht, spricht alles für einen Tierkaufvertrag.

Anwendbarkeit der Sachmängelhaftung bei angeborenen Herzfehlern

Bei angeborenen Erkrankungen wie einem persistierenden Ductus arteriosus (PDA) handelt es sich in der Regel um einen sogenannten Sachmangel im Sinne von § 434 BGB, sofern die Erkrankung bereits bei Übergabe des Hundes vorlag. Das ist bei angeborenen Defekten per Definition der Fall.

Ein Sachmangel liegt dann vor, wenn das Tier nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufweist oder sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte oder gewöhnliche Verwendung eignet. Der Käufer kann gemäß § 437 BGB in solchen Fällen verschiedene Rechte geltend machen: Nacherfüllung (die bei Tieren regelmäßig ausscheidet), Rücktritt, Minderung sowie Schadensersatz.

Haftungsausschluss – oft unwirksam bei Tierschutzvereinen

Tierschutzvereine versuchen häufig, die Haftung durch Klauseln im Übernahmevertrag auszuschließen. Die Wirksamkeit solcher Ausschlüsse ist jedoch eingeschränkt. Denn bei Verbraucherverträgen unterliegt der Tierschutzverein als Unternehmer den Vorschriften der §§ 305 ff. BGB über Allgemeine Geschäftsbedingungen.

Ein vollständiger Haftungsausschluss für gesundheitliche Mängel ist nach der Rechtsprechung dann unwirksam, wenn er den Käufer unangemessen benachteiligt (§ 307 BGB). Besonders problematisch wird dies bei Tieren, deren Mängel schwerwiegend und bei Übergabe bereits angelegt sind, der Verein aber keine ordnungsgemäße Untersuchung durchgeführt hat oder keine Aufklärung über bekannte oder leicht feststellbare Mängel erfolgte.

Anspruch auf Kostenbeteiligung: Voraussetzungen und Vorgehen

Besteht ein Sachmangel, kann der neue Halter Rücktritt oder Minderung verlangen – beides ist jedoch mit dem praktischen Wunsch, das Tier zu behalten, oft nicht vereinbar. Eine realistischere Option ist der Schadensersatzanspruch, insbesondere wegen der Tierarztkosten (§§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB).

Voraussetzung ist, dass der Mangel nicht unerheblich ist (bei einem PDA regelmäßig zu bejahen), bereits bei Übergabe bestand und der Verein fahrlässig oder vorsätzlich nicht über ihn aufklärte. Ist dem Verein der Mangel bekannt oder grob fahrlässig unbekannt gewesen (z.?B. keine tierärztliche Eingangsuntersuchung), besteht eine hohe Erfolgsaussicht.

Die Geltendmachung erfolgt idealerweise in mehreren Schritten:
1. Schriftliche Mängelanzeige an den Verein mit Nachweis der Erkrankung und Fristsetzung zur Kostenübernahme.
2. Sichtung des Übernahmevertrags durch eine fachkundige juristische Person.
3. Einleitung rechtlicher Schritte nur dann, wenn eine außergerichtliche Einigung scheitert.

Rücknahmeangebot des Vereins: Kein Freibrief zur Haftungsvermeidung

Vereine berufen sich in der Praxis häufig auf ein Rücknahmeangebot: Man sei bereit, den Hund zurückzunehmen, eine Kostenbeteiligung komme dann aber nicht in Betracht.

Diese Argumentation greift rechtlich nur begrenzt. Zwar kann der Verkäufer bei einem Sachmangel die Rücknahme des Tieres als Form der Nacherfüllung anbieten, doch ist der Käufer nicht verpflichtet, dieses Angebot anzunehmen. Entscheidet er sich für den Hund, kann er dennoch Minderung oder Schadensersatz verlangen.

Ein Rücknahmeangebot lässt die Pflicht zur Tragung von Folgekosten nicht automatisch entfallen. Entscheidend ist, ob der Käufer berechtigterweise an dem Tier festhalten möchte – was bei einem geliebten Haustier meist der Fall ist – und ob die gesetzlichen Voraussetzungen für Schadensersatz erfüllt sind.

Rechtsunsicherheit bei unklaren Vertragsmodellen

Wird im Vertrag ausdrücklich keine Eigentumsübertragung vereinbart, sondern lediglich eine „Pflege“ auf unbestimmte Zeit, könnte ausnahmsweise ein Verwahrungsvertrag (§§ 688 ff. BGB) oder ein Leihvertrag (§§ 598 ff. BGB) vorliegen. In solchen Fällen kann der Verein die Obhut beenden und das Tier zurückverlangen.

Allerdings wäre dann auch keine Einmalzahlung wie eine „Schutzgebühr“ geschuldet. Sobald eine Entgeltlichkeit vereinbart ist und der neue Halter alle Pflichten übernimmt, spricht die Gesamtschau deutlich für einen Kaufvertrag – mit entsprechendem Gewährleistungsrecht.

Fazit: Rechte kennen, vertragliche Details prüfen, rechtzeitig handeln

Wer einen Hund aus dem Auslandstierschutz übernimmt, hat nicht automatisch geringere Rechte als beim Erwerb eines Hundes aus privater oder gewerblicher Hand. Entscheidend ist, ob ein Kaufvertrag zustande kam, ob ein Sachmangel vorliegt und ob der Verein korrekt aufgeklärt hat.

Bei angeborenen Erkrankungen wie PDA bestehen bei entsprechender Vertragslage gute Chancen, eine Kostenbeteiligung durchzusetzen – vor allem, wenn der Verein seiner tierärztlichen Sorgfaltspflicht nicht genügt hat.

Empfehlenswert ist eine juristische Prüfung durch einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin mit Spezialisierung im Vertrags- und Tierschutzrecht. Dieser sollte sowohl den Einzelfall beurteilen als auch das weitere Vorgehen übernehmen – von der außergerichtlichen Korrespondenz bis zur gerichtlichen Durchsetzung.

Rechtsanwalt Nils Michael Becker aus Bad Honnef bei Bonn ist mit seiner Kanzlei auf Tierrecht, Datenschutz und Vereinsrecht spezialisiert. Er ist Dozent an der Tierechtsakademie in Bielefeld. Einfache und schnelle Terminvereinbarung unter nilsbecker.de/telefontermin.“

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