Hund mit HD verkaufen – Grundlagen der Gewährleistung
Hundezüchter tragen rechtlich betrachtet große Verantwortung, wenn sie Tiere mit bekannten gesundheitlichen Einschränkungen veräußern möchten. Besonders komplex wird die Lage, wenn beim Verkauf von Welpen oder erwachsenen Hunden bereits vorliegende Erkrankungen wie Hüftdysplasie (HD) bekannt sind. Die zentrale Frage vieler Züchter lautet hierbei, ob und wie sie einen solchen Hund rechtswirksam verkaufen können, ohne später durch hohe Folgekosten belangt zu werden.
Ein weit verbreiteter Irrtum in Diskussionen unter Züchtern und Käufern besteht darin, dass ein rein symbolischer Kaufpreis – wie etwa die bloße Übernahme der Kastrationskosten – automatisch vor späteren Ansprüchen schützen würde. Doch der Kaufpreis allein bestimmt nicht die rechtliche Absicherung. Vielmehr kommt es auf eine vollständige, korrekte und nachvollziehbare Aufklärung sowie auf die formale Gestaltung des Kaufvertrags an.
Rechtlich korrekte Mängelaufklärung – So funktioniert sie in der Praxis
Eine gesetzliche Gewährleistungspflicht greift grundsätzlich immer dann, wenn ein Hund nicht die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit aufweist. Liegt bereits eine bekannte HD-Diagnose vor (wie hier z. B. HD D2), handelt es sich unzweifelhaft um einen Sachmangel. Das bedeutet allerdings nicht, dass Züchter automatisch haftbar bleiben, sofern sie den Käufer umfassend und vor allem nachweisbar über diese Diagnose informiert haben.
Hierbei genügt es nicht, den Mangel lediglich mündlich oder beiläufig zu erwähnen. Zwingend erforderlich ist vielmehr eine schriftliche und vorvertragliche Aufklärung. Am besten lässt sich dies erreichen, indem der Käufer den Hinweis auf den bekannten Mangel separat schriftlich bestätigt, bevor der eigentliche Kaufvertrag unterzeichnet wird. Dieser Ablauf – zuerst der schriftliche Hinweis auf die gesundheitliche Problematik und erst danach der eigentliche Kaufvertrag – gewährleistet maximale Rechtssicherheit. Wichtig ist zudem, dass der Kaufvertrag ausdrücklich auf das vorherige Hinweisschreiben Bezug nimmt.
HD-Folgekosten – Umfangreiche Aufklärung ist Pflicht
Die rechtliche Verantwortung endet jedoch nicht mit der bloßen Angabe der HD-Diagnose. Vielmehr muss der Käufer unmissverständlich darauf hingewiesen werden, welche konkreten gesundheitlichen Folgen die Diagnose haben könnte. Dazu gehören nicht nur die medizinische Behandlung selbst, sondern auch potenziell hohe Folgekosten wie etwa Operationen, Physiotherapie, Schmerztherapien oder spezielle Ernährungsbedürfnisse.
Der Käufer gilt rechtlich als Laie. Es reicht nicht aus, ihn darauf hinzuweisen, dass eine Erkrankung vorliegt. Er muss zusätzlich über typische Folgeerkrankungen, wie etwa ein erhöhtes Arthroserisiko und die daraus resultierenden tierärztlichen Kosten, informiert werden. Diese Aufklärungspflicht liegt beim Züchter, nicht beim Käufer. Der Käufer ist nicht verpflichtet, selbstständig weitere medizinische Recherchen anzustellen oder tierärztliche Prognosen einzuholen.
Symbolischer Kaufpreis – Kein Schutz vor späteren Forderungen
Ein Missverständnis, das häufig in Diskussionen auftritt, betrifft die rechtliche Bedeutung eines besonders niedrigen Kaufpreises, beispielsweise in Höhe der Kastrationskosten. Zwar mag dies aus Sicht der Verkäufer fair erscheinen, um potenziellen Käufern entgegenzukommen. Allerdings schützt ein niedriger Preis allein keinesfalls vor späteren Ansprüchen, wenn der Käufer nachweisen kann, dass über die gesundheitlichen Risiken nicht korrekt aufgeklärt wurde.
Entscheidend ist daher nicht der Preis, sondern die Klarheit und Vollständigkeit der Informationen über den Gesundheitszustand. Ein extrem günstiger Preis kann sogar den gegenteiligen Effekt haben, indem später behauptet wird, dass der niedrige Preis den Käufer nicht ausreichend über mögliche Risiken aufgeklärt habe.
Vertragliche Absicherung – Schriftliche Klarstellung vermeidet Streitigkeiten
Rechtliche Sicherheit erreicht ein Züchter nur durch klare, schriftliche Vereinbarungen. Ein spezieller Passus im Kaufvertrag, der ausdrücklich auf die vorvertragliche Aufklärung hinweist und sämtliche bekannten Mängel (HD-Diagnose und mögliche Folgeerkrankungen) nennt, ist hierbei unerlässlich.
So könnte beispielsweise formuliert werden: „Der Käufer wurde in einem gesonderten Schreiben vom (Datum) ausführlich über die Diagnose HD D2 aufgeklärt. Es wurde insbesondere auf mögliche tierärztliche Folgekosten und ein erhöhtes Arthroserisiko hingewiesen. Der Käufer bestätigt ausdrücklich, diese Hinweise verstanden zu haben und akzeptiert den Hund in Kenntnis dieses Sachmangels.“ Die Rechtsprechung der Gerichte geht aber auseinander, was den notwendigen Umfang solcher Belehrungen angeht.
Kastration oder Sterilisation – rechtlich unerheblich bei der Haftungsfrage
Gelegentlich wird diskutiert, ob es einen Unterschied macht, ob das Tier kastriert oder sterilisiert abgegeben wird. Aus rein rechtlicher Sicht ist dies jedoch irrelevant. Sowohl eine Kastration (Entfernung der Keimdrüsen) als auch eine Sterilisation (Unterbindung der Eileiter oder Samenleiter, wobei Hormonproduktion und Sexualverhalten erhalten bleiben) hat keinerlei Einfluss auf die Gewährleistung für bereits bestehende Gesundheitsmängel. Entscheidend ist allein, dass die Käufer über alle Folgen – medizinische wie finanzielle – im Klaren sind.
Fazit: Transparente Kommunikation und schriftliche Absicherung entscheidend
Der Verkauf eines Hundes mit einer bekannten HD-Diagnose ist rechtlich möglich, verlangt aber größte Sorgfalt bei der Vertragsgestaltung und der Aufklärung der Käufer. Nur eine umfassende, vorvertragliche schriftliche Information über Diagnose, Risiken und potenzielle Folgekosten schützt zuverlässig vor späteren Schadensersatzforderungen.
Züchter sollten daher stets auf eine präzise und vollständige Dokumentation achten und bei Unsicherheiten einen spezialisierten Rechtsanwalt hinzuziehen, der die nötigen Unterlagen professionell erstellen kann.
Rechtsanwalt Nils Michael Becker aus Bad Honnef bei Bonn ist mit seiner Kanzlei auf Tierrecht, Datenschutz und Vereinsrecht spezialisiert. Er ist Dozent an der Tierechtsakademie in Bielefeld. Einfache und schnelle Terminvereinbarung unter nilsbecker.de/telefontermin.“