Haftung für Hundebisse – allgemeine rechtliche Grundsätze
Wer einen Hund hält, trägt nach deutschem Recht grundsätzlich die Verantwortung für Schäden, die sein Tier verursacht. Diese Haftung ergibt sich aus § 833 BGB, der sogenannten Tierhalterhaftung. Danach haftet der Halter eines Tieres für sämtliche Schäden, die das Tier verursacht – unabhängig davon, ob er ein Verschulden trifft. Das heißt konkret: Selbst wenn der Tierhalter seinen Hund sorgfältig gehalten und beaufsichtigt hat, kann er dennoch für Schäden haftbar gemacht werden, die durch einen Hundebiss entstehen.
Allerdings sieht das Gesetz auch gewisse Einschränkungen vor. In bestimmten Situationen ist eine Haftung nicht zwangsläufig gegeben oder kann zumindest deutlich reduziert werden. Hierzu zählen insbesondere Fälle von Mitverschulden oder bewusster Risikoübernahme durch das Opfer.
Haftung bei Hundebiss – Einbruch als Sonderfall
Besonders häufig diskutiert wird in diesem Zusammenhang die Haftung, wenn ein Hund einen Einbreger beißt. Für viele Menschen scheint intuitiv klar zu sein, dass jemand, der widerrechtlich in ein fremdes Haus einbricht, sein Recht auf Schadensersatz verwirkt haben müsste. Doch so eindeutig ist die Rechtslage keineswegs.
Tatsächlich hängt die Haftung in diesen Fällen maßgeblich von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Ein Einbrecher, der widerrechtlich in ein Haus eindringt, begeht unbestritten eine rechtswidrige Handlung. Dennoch bedeutet dies nicht automatisch, dass der Hundebesitzer vollständig von einer Haftung befreit ist. Die Rechtsprechung differenziert hier deutlich und betrachtet insbesondere die Verhältnismäßigkeit der Abwehrhandlung und die Gefahr, die von dem Tier generell ausgeht.
Notwehrrecht – Grenzen und Voraussetzungen
Grundsätzlich könnte man zunächst vermuten, dass der Hundehalter sich bei einem Hundebiss gegenüber einem Einbrecher auf Notwehr (§ 32 StGB) oder Selbsthilfe (§ 229 BGB) berufen kann. Beide Rechtsfiguren setzen jedoch voraus, dass die Abwehrmaßnahme in ihrer Intensität angemessen ist. Das bedeutet konkret: War der Hund als Schutzmaßnahme angemessen oder ging von ihm eine übermäßige Gefahr aus?
So kann beispielsweise ein Hund, der gezielt und bewusst als Wachhund gehalten wird und entsprechend gesichert ist, eine angemessene Verteidigungsmaßnahme darstellen, wenn ein Einbrecher in das Haus eindringt. Problematisch wird es jedoch, wenn der Hund als „unberechenbar“ bekannt war oder es keine ausreichenden Sicherheitsmaßnahmen gab, um Dritte, die nicht unbedingt Einbrecher sein müssen, zu schützen.
Sorgfaltspflichten des Hundehalters und Mitverschulden des Einbrechers
Entscheidend ist hierbei häufig die Frage, ob der Hundehalter alle angemessenen Maßnahmen getroffen hat, um eine Gefährdung Unbeteiligter zu verhindern. So verlangt das Gesetz von jedem Hundehalter, seinen Hund ausreichend zu sichern. Hierzu gehören etwa stabile Zäune, gesicherte Türen oder geeignete Warnhinweise, die potentielle Eindringlinge vor einer möglichen Gefahr warnen. Unterlässt der Halter solche Maßnahmen, kann er sich später kaum auf Notwehr berufen.
Ein weiterer zentraler Aspekt ist das sogenannte Mitverschulden (§ 254 BGB). Wer in ein fremdes Haus einbricht, trägt erheblich dazu bei, dass es überhaupt erst zu einer gefährlichen Situation kommt. Je höher das Mitverschulden des Einbrechers eingeschätzt wird, desto geringer fällt in der Praxis eine eventuelle Haftung des Hundehalters aus. In extremen Fällen, etwa bei offensichtlicher krimineller Handlung, kann die Haftung des Hundehalters tatsächlich vollständig entfallen.
Typische Mythen zur Hundehalterhaftung
Eine verbreitete Fehlannahme ist, dass ein Einbrecher durch seine Tat automatisch jedes Recht verliert, Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Tatsächlich prüft ein Gericht in jedem Fall sehr genau, ob die vom Hundehalter gewählte Abwehrmaßnahme (hier der Hundebiss) verhältnismäßig war. War der Hund gefährlicher als notwendig oder hätte der Schaden durch andere Maßnahmen vermieden werden können, bleibt eine Haftung bestehen.
Auch der Gedanke, dass ein Einbrecher einen Termin vereinbaren müsste, damit der Halter seinen Hund rechtzeitig sichern könne, mag humorvoll gemeint sein, offenbart aber eine falsche Rechtsvorstellung. Zwar erwartet niemand ernsthaft, dass ein Einbrecher vorher klingelt, dennoch bleiben Hundehalter in der Verantwortung, ihre Tiere so zu halten, dass von ihnen keine unnötigen Gefahren ausgehen.
Haftpflichtversicherung für Hundehalter – ein Muss?
Wegen dieser Risiken ist der Abschluss einer Hundehalterhaftpflichtversicherung dringend zu empfehlen. In einigen Bundesländern ist diese Versicherung sogar gesetzlich vorgeschrieben. Sie deckt Schäden ab, die der Hund anderen zufügt, und bietet dem Hundehalter finanzielle Sicherheit im Ernstfall. Eine gute Hundehalterhaftpflichtversicherung übernimmt auch die Abwehr unberechtigter Forderungen und trägt im Zweifel sogar Prozesskosten, wenn es zu gerichtlichen Streitigkeiten kommen sollte.
Praxisnahe Empfehlungen für Hundehalter
Damit Hundehalter in rechtlicher Hinsicht abgesichert sind, empfiehlt sich:
• den Hund durch geeignete Sicherungsmaßnahmen (Zäune, Tore, Warnhinweise) abzusichern,
• eine Haftpflichtversicherung abzuschließen, die solche Fälle ausdrücklich mit einschließt,
• das Tier nicht gezielt aggressiv oder gefährlich zu erziehen,
• klare Nachweise darüber zu führen, dass der Hund ordnungsgemäß gehalten und gesichert wird.
Diese Maßnahmen bieten den besten Schutz vor unangenehmen rechtlichen Konsequenzen, auch wenn es im Ernstfall immer eine individuelle Bewertung des konkreten Vorfalls durch ein Gericht geben wird.
Fazit: Ein Hundebiss gegen einen Einbrecher führt nicht automatisch zu einer Haftung des Hundehalters, ist aber auch nicht völlig risikolos. Jeder Fall wird individuell betrachtet, wobei insbesondere die Verhältnismäßigkeit und die Einhaltung der Sorgfaltspflichten entscheidend sind.
Rechtsanwalt Nils Michael Becker aus Bad Honnef bei Bonn ist mit seiner Kanzlei auf Tierrecht, Datenschutz und Vereinsrecht spezialisiert. Er ist Dozent an der Tierechtsakademie in Bielefeld. Einfache und schnelle Terminvereinbarung unter nilsbecker.de/telefontermin.“