Was gilt rechtlich als unzumutbare Lärmbelästigung durch Hundegebell?
Lärm durch Haustiere – insbesondere Hunde – ist ein häufiger Streitpunkt in Mehrparteienhäusern. Dabei gilt: Nicht jedes Bellen stellt eine unzumutbare Beeinträchtigung dar. Hunde bellen naturgemäß, und ein gelegentliches Anschlagen bei Geräuschen im Hausflur oder draußen ist im Rahmen des sozial Üblichen hinzunehmen. Kritisch wird es jedoch, wenn das Gebell regelmäßig, langanhaltend oder besonders laut ist – etwa über Stunden oder in hoher Frequenz.
Maßstab ist die sogenannte „ortsübliche Toleranzgrenze“. Wird diese überschritten, kann eine erhebliche Beeinträchtigung des Wohnwerts und des Eigentumsfriedens vorliegen, was unter bestimmten Voraussetzungen sogar zu Mietminderungen, Unterlassungsklagen oder zur Widerrufung der Tierhaltungserlaubnis führen kann.
Welche Nachweispflichten bestehen bei wiederkehrendem Hundegebell?
Wer sich gegen Lärm zur Wehr setzen will, muss konkrete und gerichtsfeste Nachweise liefern. Als gängiges und anerkanntes Mittel hat sich das sogenannte Lärmprotokoll etabliert. Es sollte Datum, Uhrzeit, Dauer und Art des Lärms exakt dokumentieren. Auch Begleitumstände (etwa: „Besuch in der Wohnung“, „Hund bellt durchgehend bei Abwesenheit der Mieterin“) sollten festgehalten werden.
Ein Zeitraum von mindestens zwei bis vier Wochen gilt dabei als sinnvoll, wobei die Anzahl der Vorfälle und deren Intensität entscheidend sind. Hilfreich ist auch die Unterstützung durch andere Bewohnerinnen und Bewohner, die vergleichbare Wahrnehmungen protokollieren. Zeugenaussagen aus dem Haus erhöhen die Beweiskraft, ebenso wie etwaige Tonaufnahmen, sofern diese nicht gegen Datenschutzrecht verstoßen.
Was können Eigentümerinnen oder Miteigentümer im Wohnungseigentum tun?
Im Wohnungseigentumsrecht (WEG) gelten andere Spielregeln als im reinen Mietverhältnis. Zwar dürfen auch Wohnungseigentümer grundsätzlich Haustiere halten, allerdings nur, soweit der Gebrauch des Eigentums durch andere nicht unzumutbar beeinträchtigt wird.
Kommt es zu regelmäßigem störenden Hundegebell, kann sich daraus ein Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 BGB in Verbindung mit § 906 BGB ergeben. Betroffene Eigentümerinnen können – nach erfolgloser Abmahnung – auf Unterlassung klagen.
Zusätzlich kommt ein Vorgehen über die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) in Betracht. Ist das Verhalten eines einzelnen Wohnungseigentümers oder dessen Mieters geeignet, den Hausfrieden dauerhaft zu stören, kann die GdWE darüber beraten und ggf. Maßnahmen beschließen – etwa die Aufforderung zur Einhaltung bestimmter Regeln oder sogar zur Abschaffung des Tiers bei wiederholtem Pflichtverstoß.
Welche Rolle spielt die Vermieterin oder Eigentümerin der betroffenen Wohnung?
Da die Hundehaltung hier durch eine Mieterin erfolgt, richtet sich der primäre Einflusskanal an deren Vermieterin. Diese kann – sofern ihr das Verhalten der Mieterin bekannt und dokumentiert wird – tätig werden. Möglich sind unter anderem
• eine Abmahnung wegen vertragswidrigen Verhaltens,
• die Androhung der Entziehung der Haltungsgenehmigung (falls diese unter Vorbehalt stand),
• oder als letztes Mittel sogar die Kündigung des Mietverhältnisses wegen nachhaltiger Störung des Hausfriedens.
Grundsätzlich empfiehlt es sich, zunächst das Gespräch mit der Vermieterin zu suchen und dabei das Lärmprotokoll vorzulegen. Je sorgfältiger dieses geführt wurde, desto größer sind die Handlungsmöglichkeiten der Vermieterseite.
Welche Bedeutung hat die Rücksichtnahme im nachbarschaftlichen Zusammenleben?
Rechtlich fundierte Ansprüche ersetzen nicht das Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme. Auch in Konfliktlagen bleibt das persönliche Gespräch oft der effizienteste erste Schritt. Viele Missstände beruhen auf Unkenntnis oder Fehleinschätzung der eigenen Tierhaltung.
Gerade wenn man selbst Tierhalterin ist, spricht ein offener, sachlicher Dialog auf Augenhöhe oft mehr an als formale Beschwerden. Lässt sich keine Einigung erzielen, sind jedoch die rechtlichen Wege eröffnet – vom Gespräch mit der Vermieterin über Maßnahmen der Eigentümergemeinschaft bis hin zur gerichtlichen Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen.
Was tun, wenn es keine Hausverwaltung gibt?
In kleinen Eigentümergemeinschaften ohne professionelle Hausverwaltung sind die Eigentümerinnen selbst verantwortlich für die Durchsetzung der Hausordnung und die Regelung gemeinschaftlicher Belange.
Das bedeutet, dass Beschwerden und Abstimmungen direkt untereinander organisiert werden müssen. Gibt es keine formalisierte Eigentümerversammlung, sollte zumindest ein Gespräch aller Beteiligten organisiert werden. Kommt es zu keiner Einigung, bleibt der zivilrechtliche Weg offen – sowohl durch gemeinschaftliche Beschlüsse als auch durch Einzelklagen.
Kann die Hundehaltung bei anhaltender Störung verboten werden?
Ein generelles Tierhalteverbot ist unzulässig. Aber wenn sich die Haltung als dauerhaft störend erweist, kann sie im Einzelfall untersagt werden. Dies setzt jedoch erhebliche und dokumentierte Beeinträchtigungen voraus, gegen die sich die betroffenen Nachbarn zuvor vergeblich gewehrt haben müssen.
Gerichte erkennen einen Widerruf der Haltungserlaubnis insbesondere dann an, wenn der Hund regelmäßig und intensiv bellt, dies dokumentiert ist und eine Einsicht oder Besserung durch Halterseite ausbleibt.
Fazit: Strategisches Vorgehen mit Augenmaß und Dokumentation
Wer sich gegen störendes Hundegebell zur Wehr setzen will, sollte strukturiert und deeskalierend vorgehen. Zuerst das Gespräch suchen – auch wenn Erfolgsaussichten gering erscheinen. Parallel ein detailliertes Lärmprotokoll führen. Im nächsten Schritt die Vermieterin oder Eigentümerin der betroffenen Wohnung kontaktieren.
Bei anhaltender Störung können rechtliche Maßnahmen über das WEG oder zivilrechtliche Unterlassungsklagen eingeleitet werden. Entscheidend für den Erfolg ist stets die sorgfältige Dokumentation des Lärms – und der Wille, auch unbequeme Themen im direkten Austausch anzusprechen.
Rechtsanwalt Nils Michael Becker aus Bad Honnef bei Bonn ist mit seiner Kanzlei auf Tierrecht, Datenschutz und Vereinsrecht spezialisiert. Er ist Dozent an der Tierechtsakademie in Bielefeld. Einfache und schnelle Terminvereinbarung unter nilsbecker.de/telefontermin.“