: : Kaufpreisminderung und Nachbesserung beim Welpenkauf – was bei Hodenhochstand gilt

Hodenhochstand als Sachmangel – wann ein Anspruch besteht

Ein beidseitiger Hodenhochstand (bilateraler Kryptorchismus) oder auch einseitiger Hodenhochstand (monolateraler Kryptorchismus) beim Rüden kann einen sogenannten Sachmangel darstellen. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn dem Hund vertraglich bestimmte Eigenschaften zugesichert wurden – etwa für die Zucht oder zur Ausstellung – und diese durch den Kryptorchismus nicht erfüllt werden. Wird dagegen ein reiner Familien- oder Liebhabertierhund verkauft, so ist ein Hodenhochstand in der Regel nicht als Mangel anzusehen, der zu einer Kaufpreisminderung oder Rückabwicklung berechtigt, solange die Gesundheit des Hundes durch eine tierärztlich durchgeführte Kastration wiederhergestellt wird.

Vertraglich vereinbarte Pauschale bei Kryptorchismus – rechtlich zulässig?

Wenn im Kaufvertrag ausdrücklich eine pauschale Zahlung für den Fall vereinbart wurde, dass ein Hodenhochstand vorliegt – etwa in Form einer einmaligen Erstattung von 350 Euro –, handelt es sich grundsätzlich um eine zulässige Individualvereinbarung. Die Rechtsprechung erkennt solche Vereinbarungen an, sofern sie nicht überraschend oder sittenwidrig sind. Voraussetzung ist allerdings, dass es sich um eine individuell ausgehandelte Regelung handelt und nicht um eine einseitig vorformulierte Klausel, die den Käufer unangemessen benachteiligt.

Eine solche Pauschale kann rechtlich als abschließende Ausgleichszahlung für den Mangel angesehen werden. Ist sie vereinbart und gezahlt, kann der Käufer in der Regel keine weiteren Ansprüche mehr geltend machen – etwa auf Rücktritt, Minderung oder weitere Schadensersatzleistungen.

Nachbesserung statt Pauschale – was bedeutet das für weitere Ansprüche?

Kommt es allerdings nicht zur vereinbarten Pauschalzahlung, sondern wird stattdessen im Einvernehmen mit dem Käufer eine tierärztliche Behandlung (z.?B. Kastration) vorgenommen und deren Kosten übernommen, stellt sich die Frage: Wurde damit eine Nachbesserung im Sinne des Gewährleistungsrechts erbracht, und wenn ja – ist der Mangel damit behoben?

In vielen Fällen wird die Bezahlung der Kastration als Nachbesserung im Sinne der gesetzlichen Regelung angesehen. Wenn der Verkäufer also auf Wunsch des Käufers die Operation bezahlt oder selbst veranlasst hat, gilt der Mangel damit als beseitigt. Der Käufer kann dann nicht zusätzlich eine Minderung des Kaufpreises verlangen – das schließt sich rechtlich aus.

Was passiert, wenn trotzdem weitere Forderungen gestellt werden?

Trotz erfolgter Nachbesserung kommt es vor, dass Käufer weitere Ansprüche geltend machen – etwa die Hälfte des Kaufpreises zurückverlangen oder auch die Kosten von Voruntersuchungen erstattet haben möchten. Diese Forderungen sind rechtlich in der Regel unbegründet, wenn eine wirksame Nachbesserung erfolgt ist.

Denn das Gewährleistungsrecht kennt den Vorrang der Nachbesserung: Erst wenn diese scheitert oder verweigert wird, darf der Käufer auf andere Mittel wie Minderung oder Rücktritt zurückgreifen. Ein „Doppelzugriff“ – also Nachbesserung plus Minderung – ist nur in Ausnahmefällen möglich, etwa wenn die Nachbesserung misslingt oder unzumutbar war.

Rechtslage bei Voruntersuchungskosten – Erstattungsanspruch?

Die Frage, ob auch Voruntersuchungskosten zur Feststellung des Kryptorchismus zu erstatten sind, ist juristisch differenziert zu betrachten. Hat der Käufer ohne Rücksprache mit dem Verkäufer umfangreiche tierärztliche Diagnostik durchführen lassen und anschließend einfach die Rechnung übersandt, besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Erstattung.

Etwas anderes kann gelten, wenn eine vorherige Absprache über die Durchführung und Kostentragung bestand oder wenn der Verkäufer trotz Aufforderung keine eigenen Maßnahmen ergriffen hat und die Untersuchung medizinisch notwendig war. In diesen Fällen kann ein Anspruch auf Aufwendungsersatz im Raum stehen. In der Praxis scheitert dieser jedoch häufig an fehlender Kommunikation und fehlendem Nachweis über die Notwendigkeit der Maßnahme.

Was bedeutet das für den Verkäufer – praktische Hinweise

Verkäufer sollten sich in vergleichbaren Fällen nicht vorschnell auf individuelle Lösungen einlassen. Die rechtliche Lage erlaubt es, eine pauschale Regelung zu treffen oder im Fall des Auftretens eines Mangels zunächst das eigene Nachbesserungsrecht geltend zu machen. Wird ohne Absprache eine Operation oder Diagnostik durchgeführt, kann dies als einseitiges Handeln des Käufers gewertet werden, das keine Erstattungsansprüche begründet.

Wichtig ist dabei eine sorgfältige Dokumentation: Kommunikation mit dem Käufer, veterinärmedizinische Berichte und auch Zahlungsnachweise sollten vollständig vorliegen. Auf pauschale oder weitergehende Forderungen nach einer erfolgreichen Nachbesserung muss man sich nicht einlassen.

Beweislast und Beratungspflicht – die praktischen Hürden

Die rechtliche Durchsetzung von Ansprüchen – sei es durch den Käufer oder den Verkäufer – steht und fällt mit der Beweislast. Käufer müssen nachweisen, dass der Mangel bereits bei Übergabe des Hundes vorlag, was bei Kryptorchismus nicht immer eindeutig gelingt, da die Hodenentwicklung zeitlich variabel ist. Verkäufer wiederum müssen nachweisen, welche Absprachen tatsächlich getroffen wurden und ob die Nachbesserung fachgerecht und vollständig erfolgt ist.

Eine weitere Herausforderung liegt in der Frage, ob dem Käufer der Hodenhochstand bereits bei Übergabe hätte auffallen müssen. Hier sind oft tierärztliche Einschätzungen erforderlich. Letztlich bedarf jeder Einzelfall einer genauen rechtlichen Prüfung – nicht zuletzt auch im Hinblick auf mögliche Formulierungen im Vertrag.

Fazit: Einzelfallberatung ist unerlässlich

Ob ein Anspruch auf Kaufpreisminderung besteht oder nicht, hängt maßgeblich vom konkreten Vertragsinhalt und dem Verhalten der Parteien nach Auftreten des Mangels ab. Wer gut dokumentiert, klare Regelungen trifft und bei Streitigkeiten frühzeitig rechtlichen Rat einholt, kann unnötige Kosten und Auseinandersetzungen vermeiden. Verkäufer sollten sich jedenfalls nicht vorschnell auf nachträgliche Kaufpreisminderungen einlassen, wenn sie ihrer Nachbesserungspflicht ordnungsgemäß nachgekommen sind.

Rechtsanwalt Nils Michael Becker aus Bad Honnef bei Bonn ist mit seiner Kanzlei auf Tierrecht, Datenschutz und Vereinsrecht spezialisiert. Er ist Partner und Dozent an der Tierechtsakademie in Bielefeld und unterrichtet regelmäßig an der Akademie des Deutschen Beamtenbundes (dbb Akademie). Einfache und schnelle Terminvereinbarung unter nilsbecker.de/telefontermin.“

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