Der Frühling naht und mit ihm kommt die Aktivität zurück. So mancher plant jetzt, für die kommende Saison einen neuen Sport- und Freizeitpartner zu finden und deshalb gibt es, um Enttäuschungen und Stress zu vermeiden, von mir den
Kurzen Leitfaden für den Pferdekauf.
I. Verkaufsangebote für Pferde erreichen Ihren Adressaten heute häufig nicht mehr per Inserat, sondern als digitaler Lockstoff per Whatsapp – gern verbreitet von allfälligen Beratern und Influenzern. Was aussieht wie ein Geheimtipp unter Freunden, ist für den Juristen vor allem eines: ein Verkaufsangebot, an dem die sonst üblichen Pflichtangaben des Anbieters fehlen, und das im Streitfall schlecht dokumentiert werden kann.
II. Werden Sie misstrauisch, wenn der vermeintliche „Geheimtipp“, wegen dem Sie eine lange Reise zum Probereiten angetreten haben, „leider, leider“ bei Ihrem Eintreffen schon an einen anderen Interessenten verkauft wurde, aber wie durch Zufall noch ein anderes scheinbar passendes Pferd herumsteht. Natürlich kann das stimmen. Aber ebenso könnte das erste Pferd nur deshalb im Angebot gewesen sein, damit der künstlich aufgebaute Druck entsteht, sich wenigstens das zweite Pferd nicht entgehen zu lassen. Nichts juckt so sehr wie eine verpasste Chance – aber wer in Eile kauft, zahlt in der Regel zweimal. Und das gilt erst recht, wenn die Ersatzlösung teurer ist.
III. Für das Verkaufsgespräch gilt auf Seiten des Verkäufers häufig: „Gib immer präzise Antworten, aber nie auf die Fragen des Interessenten“. Interessant sind für Sie als Käufer deshalb nur solche Auskünfte des Verkäufers, die sich hinterher auch als Zusicherung oder Ausschluss im schriftlichen Kaufvertrag finden.
Sorgen Sie beim Probereiten dafür, dass Sie ungestört sind. Niemand blamiert sich gern vor einer Handvoll Pferdemädchen an der Bande, wenn man sich eigentlich voll und ganz auf das neue Pferd konzentrieren will. Vertrauen Sie auch als Anfänger auf ein schlechtes Bauchgefühl.
IV. Stehen Sie auf und gehen Sie weg, wenn Ihnen der vermeintliche Verkäufer unmittelbar vor Unterzeichnung des Vertrages plötzlich eröffnet, er sei eigentlich nur Vermittler für den eigentlichen Verkäufer. Es gibt keinen plausiblen Grund dafür, einen Kaufinteressenten von einer solchen (angeblichen) Stellvertretung erst bei Vertragsschluss zu informieren – tatsächlich gehört diese Information schon aus rechtlichen Gründen ganz an den Anfang eines Gesprächs.
Aber auch, wenn Ihnen so etwas gleich zu Beginn gesagt wird: Überlegen Sie gut, bevor Sie das glauben. Der Zwischenverkauf über einen „privaten Strohmann“ ist eine gern genutzte Masche – nicht nur im Pferdehandel. Sie dient in der Regel der Beschneidung oder dem Ausschluss von Gewährleistungsrechten und ist nur schwer nachzuweisen.
Eine Privatperson, die dem gewerblichen Händler als willfähriger Zwischenkäufer und Wiederverkäufer zur Verfügung steht, ist häufig schnell gefunden – das kann auch gern der Stallbursche sein, der sich über ein vermeintlich risikofreies Zugeld zum knappen Gehalt freut. Völlig legal verkauft der Händler dann auf dem Papier ein Pferd an den Strohmann und vermittelt anschließend den angeblich privaten Verkauf des gleichen Pferdes an den eigentlichen Interessenten.
Vertrauen Sie generell nie darauf, dass Ihr Gesprächspartner im Verkaufsgespräch der Eigentümer des Pferdes ist. Überprüfen Sie das. Kaufen Sie nicht einfach „unter Ausschluss der Gewährleistung“. Manchmal ist der Ausschluss der Gewährleistung juristisch unwirksam, aber der Regelfall ist das nicht.
Denken Sie daran, dass eine vom Verkäufer organisierte und bezahlte „Ankaufsuntersuchung“ in Wahrheit eine „Verkaufsuntersuchung“ ist. Kein Verkäufer bezahlt das, damit Sie einen Vorteil haben. Glauben Sie nicht der Mär, ein Verkäufer werde schon aus Eigeninteresse jeden möglichen Mangel des Pferdes im Kaufvertrag vermerken: Viel wichtiger ist, ob der Verkäufer Ihnen wichtige Eigenschaften des Pferdes ausdrücklich im Vertrag zusichert.
Überprüfen Sie, ob in beiden Exemplaren des Vertrags wirklich das Gleiche steht. Prüfen Sie die Anschriften der Vertragsparteien. Kaufen Sie kein Pferd, dass nicht gechippt ist. Überprüfen Sie den Chip beim Probereiten und bei der Übernahme des Pferdes.
Wenn Ihnen das Pferd gebracht wird: Nehmen Sie es nicht alleine entgegen und niemals bei Dunkelheit. Nehmen Sie dem Pferd eventuelle Decken und Gamaschen ab und kontrollieren Sie es im Stand und in der Bewegung auf Verletzungen oder Anzeichen von Stürzen.
Zahlen Sie Kaufpreise nicht in bar, sondern per Überweisung. Wenn Sie in den Tagen nach der Übernahme des Pferdes wegen irgendetwas ein schlechtes Gefühl bekommen: Warten Sie nicht zu lange, das zu klären.
Viel Glück.
Dieser Beitrag stammt aus der Ausgabe 01/2018 der Dressur-Studien, die Sie hier erwerben können.