: : Leinenpflicht, Maulkorb und Gefahrenabwehr – was Hundehalter wirklich wissen müssen

Rechtliche Ausgangslage: Wer haftet bei Hundekonflikten?

Treffen zwei Hunde aufeinander und kommt es zu einem Angriff oder auch nur zu einem Schnappen, stellt sich regelmäßig die Frage nach der rechtlichen Verantwortung. Grundsätzlich gilt: Jeder Hundehalter trägt die sogenannte Gefährdungshaftung für sein Tier. Das bedeutet, selbst wenn ein Hund ohne eigenes Verschulden einen anderen verletzt, haftet der Halter – allein aufgrund der allgemeinen Tiergefahr. Es kommt daher nicht entscheidend darauf an, wer „angefangen“ hat oder ob der andere Hund provoziert hat.

Hinzu kommt: Kommt es zu einem Schaden, kann auch eine Ordnungswidrigkeit oder sogar eine strafrechtliche Relevanz im Raum stehen, wenn der eigene Hund als gefährlich gilt oder bereits auffällig geworden ist.

Unangeleinte Hunde: Erlaubt oder verboten?

Ob Hunde frei laufen dürfen, hängt in erster Linie von örtlichen Regelungen ab. In vielen Städten und Gemeinden gelten Leinenpflichten – zum Beispiel in öffentlichen Parks, auf Gehwegen oder innerhalb von Wohnanlagen. Diese Pflichten können durch Gemeindesatzungen, Verordnungen oder sogar privatrechtliche Vorgaben von Eigentümergemeinschaften oder Vermietern geregelt sein.

Wer innerhalb einer Wohnanlage lebt, sollte daher die Hausordnung bzw. Mietbedingungen genau prüfen. Ist dort die Leinenpflicht geregelt, gilt sie auch auf allen Flächen, die zum Hausgrundstück gehören – zum Beispiel auf gemeinschaftlichen Grünflächen, Gehwegen, Zufahrten und Spielplätzen.

In Mischgebieten – etwa dort, wo private Flächen an öffentliche Wege oder städtische Grünflächen angrenzen – ist die Rechtslage oft unübersichtlich. Hier muss geklärt werden, wo genau die Grenze zwischen privatem und öffentlichem Raum verläuft. Häufig hilft ein Blick ins Kataster oder eine Anfrage bei der Stadtverwaltung.

Was tun, wenn der andere Hund immer wieder stört?

Wiederholte Belästigungen durch unangeleinte Hunde können für betroffene Hundehalter zur echten Belastung werden – nicht nur emotional, sondern auch rechtlich. Wer weiß, dass sein eigener Hund fremden Hundekontakt meidet oder sogar ängstlich bis reaktiv reagiert, hat die Pflicht, solche Situationen zu vermeiden.

Doch diese Pflicht besteht nicht einseitig: Auch Halter unangeleinter Hunde müssen sicherstellen, dass ihr Tier niemanden gefährdet oder belästigt. Tut der Halter das nicht, kann er abgemahnt und im Wiederholungsfall angezeigt werden – insbesondere bei bestehenden Leinenpflichten.

Das Ordnungsamt ist in solchen Fällen zuständig. Die Behörde kann Hundehalter verwarnen oder Bußgelder verhängen. Voraussetzung ist aber, dass Verstöße dokumentiert werden – etwa durch Fotos, Zeugen oder ein schriftliches Protokoll.

Maulkorbpflicht: Wann ist sie sinnvoll oder sogar notwendig?

Ein Maulkorb kann in zwei Konstellationen erforderlich sein:
1. Freiwillig zum Schutz Dritter: Wer weiß, dass sein Hund fremde Hunde nicht mag oder in Stresssituationen schnell schnappt, kann zur eigenen Absicherung vorsorglich einen Maulkorb nutzen. Das schützt vor Schadenersatzansprüchen und schafft im Ernstfall rechtliche Entlastung.
2. Anordnung durch Behörden: Hat ein Hund bereits gebissen oder wurde als „gefährlich“ eingestuft, kann eine behördliche Maulkorbpflicht ergehen. Diese ist dann verpflichtend und gilt für alle öffentlichen Bereiche.

Ein freiwillig genutzter Maulkorb signalisiert außerdem Verantwortungsbewusstsein – gerade in konfliktträchtigen Wohnanlagen oder bei bekannten „Problemhunden“ in der Nachbarschaft.

Darf ein Hund sich verteidigen, wenn er bedrängt wird?

Hunde dürfen nicht nur aus dem Nichts angreifen – sie dürfen sich auch nicht uneingeschränkt „verteidigen“. Rein rechtlich wird einem Hund kein „Notwehrrecht“ im menschlichen Sinne zugestanden.

Kommt es also zu einem Schnappen oder Beißen, weil ein anderer Hund zu nah kommt oder aufspringt, zählt allein das Ergebnis: Wurde der andere Hund verletzt? Dann haftet in der Regel trotzdem der Halter des beißenden Hundes – selbst wenn dieser nur reagiert hat.

Eine mögliche Ausnahme: Wenn der eigene Hund angeleint ist und der andere Halter fahrlässig oder sogar grob sorglos handelt (etwa durch ständiges Ignorieren von Hinweisen oder offensichtliche Kontrolllosigkeit), kann eine Mitverantwortung des anderen Halters bestehen. In Extremfällen kann das zur vollständigen Entlastung führen, ist aber juristisch schwer durchzusetzen.

Prävention ist besser als Diskussion: Was Hundehalter tun können

Wer Konflikte vermeiden will, sollte – gerade bei bekannten „Problemnachbarn“ – vorausschauend handeln:

– Den Hund bei Spaziergängen frühzeitig an die Leine nehmen, wenn andere Hunde auftauchen.
– Möglichst große Abstände halten – auch durch Ausweichen auf Wiesen, Straßenränder oder Seitenwege.
– Den Hund sichtbar mit Maulkorb führen, wenn Wiederholungsgefahren bestehen oder der Hund zu Übersprungshandlungen neigt.
– Störungen dokumentieren (Datum, Uhrzeit, Ort, Beschreibung des Vorfalls, ggf. Fotos).
– Bei wiederholten Vorfällen das Gespräch suchen – oder notfalls das Ordnungsamt informieren.

Besondere Verantwortung in Wohnanlagen

In dicht besiedelten Bereichen, etwa Wohnanlagen mit Gemeinschaftsflächen, treffen unterschiedliche Halterinteressen auf engem Raum aufeinander. Gerade deshalb ist es wichtig, dass sich alle Beteiligten an verbindliche Regeln halten – unabhängig davon, wie „lieb“ oder „verträglich“ ein Hund ist.

Für Hundehalter, deren Tier nicht mit jedem Hund kann, bedeutet das nicht, dass sie sich verstecken müssen. Sie haben das Recht, sich mit ihrem Tier frei zu bewegen – allerdings unter Beachtung der Sorgfaltspflichten. Das bedeutet auch, dass sie bei wiederholten Störungen durch andere Hunde nicht untätig bleiben müssen.

Fazit: Verantwortung geht vor – auch bei netten Hunden

Kein Hund ist verpflichtet, jeden anderen zu mögen. Doch der Umgang mit Leinenpflichten, Maulkorb und Aufsichtspflichten muss rechtlich sauber sein. Wer weiß, dass sein Hund fremde Hunde nicht duldet, sollte das durch vorsorgliches Verhalten absichern – etwa durch Leine und ggf. Maulkorb.

Gleichzeitig gilt: Wer seinen Hund unangeleint laufen lässt und die Kontrolle verliert, kann nicht erwarten, dass andere Tiere freundlich bleiben. Es liegt daher im beiderseitigen Interesse, klare Grenzen zu setzen – und diese auch durchzusetzen.

Rechtsanwalt Nils Michael Becker aus Bad Honnef bei Bonn ist mit seiner Kanzlei auf Tierrecht, Datenschutz und Vereinsrecht spezialisiert. Er ist Dozent an der Tierechtsakademie in Bielefeld. Einfache und schnelle Terminvereinbarung unter nilsbecker.de/telefontermin.“

Hinweis: Dieser Beitrag stammt vom

Bitte beachten Sie:
Dieser Beitrag stellt keine Rechtsberatung, sondern meine persönliche Sicht und meine Meinung auf dieses Thema dar. Wenn Sie einen Fehler entdecken, bin ich für einen Hinweis dankbar. Die Rechtslage kann in Ihrem konkreten Fall anders sein, bitte lassen Sie sich im Zweifel beraten.
Bitte vereinbaren Sie zur Beratung einen Termin unter nilsbecker.de/telefontermin

In