Mobile Tierbetreuung ist kein rechtsfreier Raum
Wer gewerblich mit Tieren arbeitet, bewegt sich im Spannungsfeld zwischen Dienstleistung, Gewerberecht und Tierschutzrecht. Das betrifft insbesondere auch mobile Tierbetreuungen. Viele Unternehmerinnen und Unternehmer gehen davon aus, dass eine Erlaubnispflicht nur für Tierpensionen oder Tiertransporte bestehe. Diese Annahme ist jedoch gefährlich – insbesondere wenn das Veterinäramt bei einer Kontrolle zu einem anderen Ergebnis kommt.
Wann eine Erlaubnispflicht nach Tierschutzrecht greift
Das Tierschutzgesetz verlangt für bestimmte Tätigkeiten mit Tieren eine behördliche Erlaubnis. Diese betrifft nicht nur die stationäre Unterbringung von Tieren (z.?B. Tierpensionen), sondern auch mobile Dienstleistungen wie den Gassi-Service oder die Betreuung im Haushalt der Tierhalter, sofern diese gewerbsmäßig erfolgen. Der entscheidende Maßstab ist dabei die Gewinnerzielungsabsicht und eine gewisse organisatorische Dauerhaftigkeit.
Betroffen sind dabei insbesondere:
– das Halten fremder Tiere über Tag und Nacht,
– das Betreuen fremder Tiere außerhalb des Haushalts des Halters,
– das gewerbsmäßige Ausführen von Hunden (Dogwalking),
– der Transport von Tieren gegen Entgelt.
Diese Tätigkeiten erfordern in der Regel eine tierschutzrechtliche Erlaubnis. Es spielt keine Rolle, ob das Tier beim Halter bleibt oder in der Wohnung der Tierbetreuerin untergebracht wird – maßgeblich ist die Verantwortungsübernahme für das Tier gegen Bezahlung.
Der Fehler vieler Gewerbetreibender: Unvollständige Anmeldung
Viele Betreiberinnen mobiler Tierbetreuungen melden ihre Tätigkeit zwar korrekt beim Gewerbeamt an, versäumen aber, den gesamten Tätigkeitsbereich beim Veterinäramt offenzulegen. Das kann lange gutgehen – bis entweder Beschwerden eingehen, eine Kontrolle stattfindet oder ein Umzug erfolgt. Spätestens dann prüft das Veterinäramt den Betrieb umfassend und fordert für alle relevanten Tätigkeiten die entsprechenden Erlaubnisse.
Warum es keine einheitliche Handhabung gibt
In der Praxis ist die Erlaubnispflicht nicht immer einheitlich umgesetzt. Einige Veterinärämter arbeiten restriktiver und fordern selbst für einzelne Besuchsdienste beim Tierhalter eine Genehmigung. Andere sehen erst bei einer dauerhaften Betreuung im eigenen Haushalt oder bei regelmäßigem Gassigehen mit mehreren Hunden eine Schwelle überschritten.
Gerade bei mobilen Angeboten wie dem Besuch beim Tierhalter oder dem Spaziergang mit fremden Hunden stellt sich die Frage, ob das noch „gelegentlich“ oder schon „gewerbsmäßig“ ist. Die Grenze ist fließend und wird von den Behörden teils unterschiedlich interpretiert. Das erklärt, warum andere Personen im Bekanntenkreis der Fragestellerin keine Auflagen erhalten haben – deren Tätigkeit wurde möglicherweise nie vollständig überprüft.
Welche Anforderungen das Veterinäramt stellt
Für eine Genehmigung nach Tierschutzrecht verlangt das Veterinäramt typischerweise:
– Nachweis der Sachkunde (z.?B. durch Ausbildung, Erfahrung oder Prüfung),
– geeignete Räumlichkeiten oder Transportmittel,
– Hygienekonzepte,
– tierärztliche Betreuung,
– Zuverlässigkeit der Antragstellerin (polizeiliches Führungszeugnis).
Auch wer nur mobile Leistungen anbietet, muss darlegen können, wie die tierschutzrechtlichen Mindestanforderungen eingehalten werden. Dabei geht es nicht nur um die reine Fütterung, sondern auch um Beschäftigung, Auslastung, Erkennung von Krankheitssymptomen und den Notfallplan bei Zwischenfällen.
Rechtlicher Handlungsspielraum und praktische Probleme
Für Betroffene ist es oft frustrierend, wenn sie nach Jahren störungsfreier Tätigkeit plötzlich mit neuen Anforderungen konfrontiert werden. Rechtlich ist das jedoch nicht zu beanstanden – denn eine fehlende Kontrolle in der Vergangenheit begründet keinen Anspruch auf Fortsetzung der Tätigkeit ohne Genehmigung.
Die Umsetzung in der Praxis ist indes nicht trivial:
– Die Antragstellung ist mit erheblichem Aufwand verbunden.
– Während der Prüfphase darf die Tätigkeit meist nicht fortgesetzt werden.
– Die Anforderungen an die Sachkunde sind je nach Behörde unterschiedlich streng.
– Die fehlende Information bei der ersten Anmeldung erschwert die Nachvollziehbarkeit.
Hinzu kommen wirtschaftliche Risiken: Wer seinen Service einst als Nebengewerbe begonnen hat, steht nun vor professionellen Anforderungen, die mit einem Nebenverdienst kaum mehr zu stemmen sind.
Warum anwaltliche Unterstützung sinnvoll ist
Wer mit einer nachträglichen Untersagung oder mit neuen Genehmigungsanforderungen konfrontiert wird, sollte frühzeitig rechtliche Beratung in Anspruch nehmen. Ein auf Tierschutzrecht spezialisierter Anwalt kann:
– die Notwendigkeit der Erlaubnis im konkreten Fall prüfen,
– das Antragsverfahren begleiten,
– bei Untersagungsverfügungen rechtlich dagegen vorgehen,
– Alternativen aufzeigen, um Teile der Tätigkeit weiterführen zu können.
Zugleich ist eine präzise und vollständige Darstellung der eigenen Tätigkeit gegenüber dem Amt entscheidend. Viele Konflikte entstehen durch Missverständnisse oder ungenaue Beschreibungen der angebotenen Leistungen.
Rechtsanwalt Nils Michael Becker aus Bad Honnef bei Bonn ist mit seiner Kanzlei auf Tierrecht, Datenschutz und Vereinsrecht spezialisiert. Er ist Partner und Dozent an der Tierechtsakademie in Bielefeld und unterrichtet regelmäßig an der Akademie des Deutschen Beamtenbundes (dbb Akademie). Einfache und schnelle Terminvereinbarung unter nilsbecker.de/telefontermin.“