: : Nutzung gemeinschaftlicher Flächen im Mietshaus für Nebenjobs – was ist erlaubt?

Gebrauchsrechte an Gemeinschaftsflächen im Mietrecht

In einem Mehrfamilienhaus gelten klare Regeln für die Nutzung von Gemeinschaftsflächen wie Hausflur, Treppenhaus, Keller oder dem Platz vor dem Hauseingang. Solche Flächen stehen grundsätzlich allen Mietparteien zur gemeinschaftlichen Nutzung zur Verfügung, sofern sie nicht ausdrücklich bestimmten Zwecken gewidmet oder durch Hausordnung anderweitig geregelt sind. Typischerweise dienen sie dem Zugang zur Wohnung, dem Abstellen von Kinderwagen oder Fahrrädern oder auch temporären Aktivitäten wie dem Ein- und Ausladen. Doch wie weit reicht dieses Nutzungsrecht, wenn ein Mieter seine Nebentätigkeit in den Alltag integriert – etwa durch das kurzfristige Abstellen von Zeitungspaketen für seinen Austrägerjob?

Abgrenzung zwischen privater Nutzung und gewerblicher Tätigkeit

Ein zentrales Abgrenzungskriterium liegt in der Frage, ob es sich bei der konkreten Nutzung um eine zulässige private Wohnnutzung oder um eine (teilweise) gewerbliche Nutzung handelt. Denn der Mietvertrag über Wohnraum erlaubt grundsätzlich nur die Nutzung zu Wohnzwecken. Wird die Mietsache – oder angrenzende Gemeinschaftsflächen – regelmäßig für gewerbliche Zwecke genutzt, kann dies vertragswidrig sein.

Im Fall des Zeitungsausträgers erfolgt die Nutzung durch einen Mieter zwar im Rahmen seiner persönlichen Berufsausübung, jedoch steht ihm selbst kein Lieferwagen oder Warenlager zur Verfügung. Die Zeitungspakete werden ihm vielmehr zugestellt und von ihm zeitnah verteilt. Die Nutzung ist somit eng an seine Wohnnutzung gebunden – vergleichbar mit einem Lehrer, der morgens seine Unterrichtsmaterialien an der Haustür abstellt. Dennoch: Der Umstand, dass es sich um eine wiederkehrende Nutzung gemeinschaftlicher Flächen für einen Erwerbszweck handelt, kann rechtlich relevant sein.

Verbot gewerblicher Nutzungen über Gemeinschaftsflächen?

Die Rechtsprechung ist in Fällen wie diesem nicht einheitlich, doch es gibt belastbare Grundsätze: Wird durch die Tätigkeit weder die Wohnruhe gestört, noch werden andere Mieter unangemessen beeinträchtigt oder Fluchtwege blockiert, sind auch beruflich motivierte Handlungen im begrenzten Umfang zulässig. Eine kurzfristige Nutzung der Außenfläche zur Aufnahme der gelieferten Zeitungspakete dürfte daher in den meisten Fällen geduldet sein – vorausgesetzt, das Material wird zeitnah entfernt und stellt keine Gefährdung oder Belästigung dar.

Ein dauerhaftes oder großflächiges Lagern von Waren, insbesondere wenn es regelmäßig zu Nutzungskonflikten kommt, kann dagegen untersagt werden. In diesem Sinne ist entscheidend, ob die Nutzung noch als sozialtypisch angesehen werden kann – also dem entspricht, was in einem Wohnhaus üblich und für Mitbewohner hinnehmbar ist.

Keine Vorrangstellung von Nebentätigkeiten gegenüber anderen Nutzungsformen

Ein häufig genannter Einwand ist, dass auch andere Mieter ihre Fahrräder auf der Fläche abstellen – zum Teil ebenfalls für berufliche Zwecke. Doch dieser Vergleich hinkt: Fahrräder, selbst Dienstfahrräder, werden typischerweise nach Gebrauch abgestellt und sind Bestandteil des privaten Lebens. Sie stellen keine gewerblich zugestellten Waren dar und beanspruchen die Fläche dauerhaft, aber vorhersehbar und individuell. Zeitungspakete hingegen werden extern geliefert und stellen eine Form der Zwischenlagerung fremder Ware dar – und das in einem gemeinschaftlich genutzten Bereich. Das ist ein qualitativer Unterschied, auch wenn der Platzverbrauch im Einzelfall vergleichbar erscheint.

Hausordnung und Gleichbehandlung als Grenzen der Auslegung

Entscheidend ist auch, ob eine Hausordnung existiert, die die Nutzung gemeinschaftlicher Flächen einschränkt. Viele Mietverträge oder Zusatzvereinbarungen enthalten Klauseln, die das Abstellen von Gegenständen im Eingangsbereich, im Hausflur oder vor dem Haus untersagen oder auf notwendige Dinge wie Kinderwagen, Rollatoren und Fahrräder beschränken. In solchen Fällen kann sich der Vermieter auf die Einhaltung der Hausordnung berufen und auch zeitlich begrenzte gewerbliche Nutzungen untersagen.

Allerdings gilt der Grundsatz der Gleichbehandlung: Wenn andere Mieter die Fläche ebenfalls regelmäßig nutzen, darf nicht willkürlich gegen einen einzelnen vorgegangen werden. Der Vermieter muss nachvollziehbar darlegen, warum gerade die Nutzung durch den Zeitungsausträger unzulässig sein soll – etwa weil sie zu häufig, zu raumeinnehmend oder mit Belästigungen verbunden ist.

Verhältnismäßigkeit und Einzelfallabwägung im Vordergrund

Im Ergebnis kommt es stets auf eine Abwägung im konkreten Einzelfall an. Maßgeblich sind dabei unter anderem folgende Kriterien:

– **Umfang der Nutzung:** Wie oft und wie lange werden die Pakete dort abgestellt?
– **Beeinträchtigung:** Werden andere Mieter in ihrer Nutzung eingeschränkt oder behindert?
– **Hausordnung:** Gibt es ausdrückliche Regelungen zur Nutzung des Eingangsbereichs?
– **Zumutbarkeit:** Ist die Nutzung noch sozialtypisch oder überschreitet sie die Schwelle zur gewerblichen Inanspruchnahme der Gemeinschaftsfläche?

Wenn die Pakete regelmäßig nur für einige Stunden abgestellt werden, keine Wege blockieren und keine sonstigen Beeinträchtigungen entstehen, dürfte die Nutzung im Sinne einer praktischen Lebensführung noch zulässig sein. Ein generelles Verbot wäre in solchen Fällen unverhältnismäßig. Andererseits kann der Vermieter bei Beschwerden anderer Mieter oder bei erkennbarer Zweckentfremdung durchaus einschreiten.

Praktische Hinweise für Mieter und Vermieter

Für Mieter empfiehlt es sich, von vornherein mit dem Vermieter über die beabsichtigte Nutzung zu sprechen und ggf. um eine Genehmigung zu bitten. Klare Absprachen vermeiden spätere Konflikte. Idealerweise wird die Ablagefläche so gewählt, dass keine anderen Gegenstände beeinträchtigt und keine Wege verstellt werden.

Vermieter wiederum sollten – bevor sie ein Nutzungsverbot aussprechen – die Situation dokumentieren, mit dem betroffenen Mieter sprechen und die Verhältnismäßigkeit ihres Vorgehens prüfen. Eine formlose Regelung, etwa mit der Bitte, die Pakete möglichst auf dem eigenen Balkon oder direkt vor der eigenen Tür abzulegen, kann oft ausreichen.

Rechtsanwalt Nils Michael Becker aus Bad Honnef bei Bonn ist mit seiner Kanzlei auf Tierrecht, Datenschutz und Vereinsrecht spezialisiert. Er ist Dozent an der Tierechtsakademie in Bielefeld. Einfache und schnelle Terminvereinbarung unter nilsbecker.de/telefontermin.“

Hinweis: Dieser Beitrag stammt vom

Bitte beachten Sie:
Dieser Beitrag stellt keine Rechtsberatung, sondern meine persönliche Sicht und meine Meinung auf dieses Thema dar. Wenn Sie einen Fehler entdecken, bin ich für einen Hinweis dankbar. Die Rechtslage kann in Ihrem konkreten Fall anders sein, bitte lassen Sie sich im Zweifel beraten.
Bitte vereinbaren Sie zur Beratung einen Termin unter nilsbecker.de/telefontermin

In