Das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig hat entschieden, dass eine Verkäuferin, die über die Aggressivität eines Pferdes nicht ausreichend aufklärt, wegen arglistiger Täuschung belangt werden kann (Urt. v. 30.01.2025, Az. 8 U 215/22). Die Käuferin eines Pferdes hatte den Kaufvertrag angefochten, weil sich das Tier als hochaggressiv erwies – eine Eigenschaft, die die Verkäuferin trotz eigener Kenntnis nur als „etwas dominant“ beschrieben hatte.
Arglistige Täuschung durch unzureichende Information
Das Pferd, das für 5.200 Euro verkauft wurde, zeigte nach kurzer Zeit gravierende Verhaltensauffälligkeiten: Es ließ sich nicht reiten, bewegte sich bedrohlich auf Menschen zu und keilte nach hinten aus. Die Vorbesitzer hatten das Tier als „schwierig im Umgang“ beschrieben, was der Verkäuferin bekannt war. Dennoch gab sie diese Information nicht weiter, sondern verharmloste das Verhalten. Das OLG sah darin eine arglistige Täuschung gemäß § 123 Abs. 1 BGB.
Aufklärungspflicht über wesentliche Merkmale
Nach Auffassung des Gerichts hätte die Verkäuferin über die problematischen Verhaltensweisen des Pferdes aufklären müssen. Eine generelle Pflicht zur Aufklärung gibt es zwar nicht, doch wenn bestimmte Merkmale für die Kaufentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind, besteht eine Verpflichtung zur ehrlichen Information. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Verhalten eines Tieres dessen Nutzung erheblich einschränkt oder gefährlich macht.
Folgen für die Verkäuferin
Da die Anfechtung des Kaufvertrags berechtigt war, muss die Verkäuferin den Kaufpreis zurückzahlen. Zudem kann die Käuferin einen Teil der Unterhalts- und Tierarztkosten ersetzt verlangen. Das Urteil zeigt deutlich, dass Verkäufer von Tieren ihrer Offenbarungspflicht nachkommen müssen, wenn sie wesentliche Eigenschaften einer Kaufsache kennen.
Relevanz für den Pferdekauf und die Rechtsberatung
Gerade im Pferderecht spielen Aufklärungspflichten eine zentrale Rolle. Käufer müssen sich darauf verlassen können, dass ihnen keine entscheidenden Eigenschaften eines Tieres verschwiegen werden. Wer ein Pferd veräußert, sollte daher stets sicherstellen, dass bekannte Verhaltensauffälligkeiten offengelegt werden. Andernfalls drohen Anfechtungen und finanzielle Rückabwicklungen.
Der Fall verdeutlicht, dass es beim Kauf und Verkauf von Tieren auf eine transparente Kommunikation ankommt. Rechtsanwalt Nils Michael Becker berät sowohl Käufer als auch Verkäufer in Fragen der Vertragsgestaltung und möglichen rechtlichen Konsequenzen bei Streitigkeiten im Pferdekauf.