: : OLG Saarbrücken: Höhere Gewalt und die Hemmung der Ausschlagungsfrist im Erbrecht

Im Erbrecht ist die Annahme oder Ausschlagung einer Erbschaft eine Entscheidung von weitreichender Bedeutung. Dabei regelt § 1944 BGB, dass ein Erbe innerhalb einer Frist von sechs Wochen die Möglichkeit hat, eine Erbschaft auszuschlagen. Doch was passiert, wenn die rechtzeitige Ausschlagung durch äußere Umstände erschwert oder verhindert wird? Das Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken hat sich mit der Frage auseinandergesetzt, ob eine verspätete Postzustellung als “höhere Gewalt” im Sinne des § 206 BGB gelten kann und welche Konsequenzen sich daraus ergeben.

Rechtsgrundlagen und Ablauf der Ausschlagungsfrist

Gemäß § 1944 Abs. 2 BGB beginnt die Frist für die Erbausschlagung, sobald der Erbe von seiner Erbenstellung und dem Berufungsgrund Kenntnis erlangt. Um die Frist zu wahren, muss die Ausschlagungserklärung spätestens am letzten Tag der Frist beim Nachlassgericht eingehen. Hierbei hat der Erbe zwei Möglichkeiten:
• Die persönliche Abgabe der Erklärung beim Nachlassgericht.
• Die öffentliche Beglaubigung der Ausschlagung durch einen Notar, der die Erklärung an das Gericht weiterleitet.

Wichtig ist, dass der Erbe mit dem Notar klärt, wie die Übermittlung erfolgt, um Verzögerungen – etwa durch den Postweg – zu vermeiden.

Hemmung der Ausschlagungsfrist durch höhere Gewalt

Das Gesetz erlaubt eine Hemmung der Ausschlagungsfrist, wenn der Erbe aufgrund höherer Gewalt daran gehindert war, rechtzeitig zu handeln. Höhere Gewalt liegt vor, wenn ein unvorhersehbares und unvermeidbares Ereignis selbst bei größtmöglicher Sorgfalt nicht abgewendet werden konnte. Die Rechtsprechung setzt hierfür jedoch strenge Maßstäbe an:
• Unvorhersehbare Ereignisse wie Naturkatastrophen oder plötzliche Krankheiten können als höhere Gewalt gelten.
• Geringfügige Versäumnisse des Erben schließen höhere Gewalt jedoch aus, da sorgfältiges Handeln erwartet wird.

Im vorliegenden Fall des OLG Saarbrücken beriefen sich die Erben auf eine verspätete Postzustellung durch den Notar. Das Gericht stellte jedoch fest, dass der Notar als amtliche Stelle eine besondere Sorgfaltspflicht hatte. Die Erben durften darauf vertrauen, dass die Ausschlagungserklärungen rechtzeitig eingereicht werden.

Entscheidung des Gerichts

Das OLG Saarbrücken entschied, dass die Ausschlagung der Nacherben aufgrund der verspäteten Einreichung beim Nachlassgericht unwirksam war. Die Begründung: Die Verzögerung sei vermeidbar gewesen, da alternative Übermittlungswege, wie die persönliche Abgabe oder der rechtzeitige Versand durch die Erben selbst, zur Verfügung gestanden hätten.

Auch wenn der Notar eine Pflichtverletzung begangen haben könnte, wurde dies nicht als ausreichender Grund für eine Hemmung durch höhere Gewalt anerkannt. Die Erbausschlagung wurde daher als verspätet und unwirksam bewertet.

Praktische Hinweise für Erben

Die Entscheidung verdeutlicht die Bedeutung sorgfältigen Handelns bei der Ausschlagung einer Erbschaft. Um Fristversäumnisse zu vermeiden, sollten Erben folgende Punkte beachten:
• Frühzeitiges Handeln: Sobald der Erbfall bekannt ist, sollte die Ausschlagungserklärung vorbereitet und möglichst schnell übermittelt werden.
• Sichere Übermittlung: Die direkte Abgabe beim Nachlassgericht ist der sicherste Weg, um Verzögerungen zu vermeiden.
• Prüfung der Notarverpflichtung: Wird die Ausschlagungserklärung durch einen Notar übermittelt, sollten die Absprachen dokumentiert und überprüft werden.

Fazit

Der Fall zeigt, dass die rechtzeitige Ausschlagung einer Erbschaft sorgfältige Planung und Umsetzung erfordert. Verzögerungen – auch durch externe Faktoren wie Postlaufzeiten – gehen in der Regel zulasten des Erben, wenn alternative Handlungsmöglichkeiten bestanden.

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