Private Pferdehaltung wird nicht einfacher (Dressur-Studien 02/2019)

In vielen Teilen unseres Landes kann ein Reisender den Eindruck bekommen, dass Pferde noch zum Menschen gehören wie ein Hofhund oder die Katze auf der Bank vor dem Haus. Pferdeweiden, Offenställe, kleine Reitplätze hinter den Höfen. All das ist aber entgegen dem offensichtlichen Schein schon seit Langem nicht mehr so selbstverständlich, wie häufig gerade die Menschen glauben, die nach jahrelanger Kundschaft in einem Pensionsstall ihr Pferd ans neu erworbene Haus holen wollen.

Denn Pferdehaltung, die ist in Deutschland ganz besonders auch eine Frage des Bau- und Umweltrechts und viele Menschen sind mit dem, was da gefordert wird, vor dem Wunsch nach eigener Pferdehaltung nie konfrontiert worden. Umso heftiger schlägt dann manchmal ein, wovon auch gewerbliche Pferdebetriebe seit Jahrzehnten ein immer klagenderes Lied singen können: Die Aufwände, um ein Pferd gesetzeskonform am eigenen Haus halten zu können, sind enorm und allein die Tatsache, dass ein Haus hübsch ländlich steht und rechts und links Rinder auf den Weiden stehen, garantiert noch lange nicht, bald aus dem Küchenfenster dem eigenen Pferd beim Grasen zusehen zu können.

Ich kenne in dieser Hinsicht inzwischen viele enttäuschte Träume und die meisten beginnen mit dem Anhörungsschreiben einer Behörde. Umgebaute Hofanlagen, Weideunterstände, aufwendig angelegte Paddocks oder Weidezäune werden so schnell Thema aufwendiger Korrespondenz. Insbesondere dort, wo die „nachrückende Wohnbebauung“ den Charakter einstmals dörflich geprägter Siedlungen verändert, entdecken manche Nachbarn das Bau- und Ordnungsrecht als effektiven Hebel, sich in Nachbarschaftsstreitigkeiten durchzusetzen. Ich kenne Fälle in Bayern, in denen kleine Reiterhöfe auf Wunsch eines Bürgermeisters so lange mit dem Bau- und Umweltrecht beworfen wurden, bis sie mit Sack und Pack verziehen mussten.

Und auch wer „raus auf‘s Land“ zieht, kommt damit manchmal erst recht in Schwierigkeiten. Im sogenannten „Außenbereich“, das ist die Regel, ist Bauen untersagt. Das betrifft auch die beliebten Weideunterstände, die von Pferdehaltern in vielen Fällen schon aus tierschutzrechtlichen Gründen errichtet werden müssen. Aber die Tatsache, dass ein Veterinäramt einen solchen Bau fordert, bedeutet ganz sicher nicht, dass er auch errichtet werden darf – denn das hat das Veterinäramt nicht zu entscheiden. Weideunterstände sind in der Regel nur erlaubt, wenn sie von einem Landwirt errichtet werden und auch dessen Betrieb dienen.

Haha, rufen hier viele Pferdehalter und verweisen auf ihre Pflichtmitgliedschaften in der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft, die jedes Jahr Löcher ins Budget reißt. Wer in die „SLVFG“ einzahlt, der kann sich ja wohl Landwirt nennen, oder? Nein, kann er nicht. Auf Bauämtern wird da milde gelächelt, denn um baurechtlich als Landwirt zu gelten, braucht es mehr als ein paar Pferde am eigenen Haus.

Und davon abgesehen: Selbst wenn man mit einer landwirtschaftlichen Privilegierung bauen darf, hat man dabei das Umweltrecht zu achten. Mistablagerungen unter freiem Himmel sind nicht erlaubt und einer der häufigsten Gründe, weswegen Behörden Briefe an Pferdehalter verschicken. „Dann baue ich eben eine Mistplatte für ein paar tausend Euro, kein Problem!“, schreibt ab und an ein Mandant zurück und wird dann freundlich zurück an die Baubehörde verwiesen, die ihm leider mitteilen muss, dass eine Betonmistplatte dort im Außenbereich…

Es ist also kompliziert. Und leider stehen und fallen mit solchen Themen manchmal auch Lebenspläne. Mit strengem Auge betrachtet, dürften viele, viele Pferdehaltungen, an denen Sie bei einem Spaziergang über Land vorbeikommen, der einen oder anderen rechtlichen Anforderung nicht genügen. Dass es sie dennoch gibt, ist oft eine Frage des Kontrolldrucks, und der wird mittlerweile stärker. „Wir möchten eigentlich keine private Pferdehaltung mehr, die Leute sollen ihre Pferde in die größeren Ställe geben, die wir besser kontrollieren können“, sagte mir vor zwei Jahren der Mitarbeiter einer unteren Umweltbehörde in Nordrhein-Westfalen. Da hatten sie gerade eine Mandantin in der Mangel, deren beide Pferde seit fünfzehn Jahren jeden Sommer auf einer großen Wiese mit Unterstand verbrachten, in vorbildlicher Haltung. Das ist jetzt vorbei.

Aber es gibt auch andere Fälle, in denen wir nach buchstäblich jahrelangen Verhandlungen mit Behörden zwar keine Baugenehmigungen, aber die Duldung vorhandener Unterstände auf Lebenszeit erreichen konnten. Manchmal lohnen penible Ortsbegehungen, manchmal Zugeständnisse an den richtigen Stellen, manchmal braucht es entschiedenen Widerstand bis hin zur Klage. Der Traum vom Pferd am Haus ist schwieriger geworden, aber nicht unerreichbar.

Dieser Beitrag stammt aus der Ausgabe 02/2019 der Dressur-Studien, die Sie hier erwerben können.

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