Hund aus dem Ausland adoptiert – was bedeutet das rechtlich?
Wer einen Hund über einen Tierschutzverein „adoptiert“, schließt in der Regel einen Kaufvertrag ab – auch wenn das Wort „Adoption“ verwendet wird. Juristisch handelt es sich nicht um eine Adoption im familienrechtlichen Sinn, sondern um einen entgeltlichen Erwerb, oft mit einem Schutzvertrag versehen. Der Begriff ist juristisch irrelevant, entscheidend ist der Inhalt des Vertrags: Wird eine Schutzgebühr verlangt, überträgt der Verein das Tier dauerhaft, und erfolgt dies auf vertraglicher Grundlage, handelt es sich zivilrechtlich um einen Kaufvertrag im Sinne der §§ 433 ff. BGB.
Gesundheitsmängel bei Tieren und ihre rechtliche Einordnung
Ein gesundheitlicher Defekt wie eine Fehlstellung eines Hinterbeins stellt grundsätzlich einen Sachmangel nach § 434 BGB dar, sofern die Fehlstellung bereits bei Übergabe vorlag oder eine relevante Ursache dafür schon angelegt war. Ein Sachmangel liegt immer dann vor, wenn die Ist-Beschaffenheit des Tieres von der vereinbarten oder gewöhnlichen Beschaffenheit abweicht.
Wird das Tier also als „gesund“ verkauft oder in einem Übergabeprotokoll als „ohne Befund“ bezeichnet, so kann eine bestehende oder angelegte orthopädische Erkrankung durchaus einen Mangel darstellen – vorausgesetzt, sie war bei Übergabe bereits vorhanden oder hatte sich zumindest schon angelegt.
Untersuchung vor Ausreise: Bedeutung und Beweislast
Oft erfolgt vor dem Transport eine tierärztliche Untersuchung, die im Ergebnis die Reisetauglichkeit und augenscheinliche Gesundheit bestätigen soll. Diese Untersuchung ist jedoch kein Garant für vollständige Gesundheit. Sollte ein Tierarzt vor Ort eine orthopädische Auffälligkeit übersehen haben oder diese nicht dokumentiert worden sein, hat der Käufer dennoch unter Umständen Ansprüche – vorausgesetzt, der Mangel war im Zeitpunkt der Übergabe zumindest latent vorhanden.
Wichtig: Die Beweislast trägt im Verbrauchsgüterkauf zunächst der Verkäufer – das gilt jedoch nur für sechs Monate ab Übergabe (§ 477 BGB). In dieser Zeit wird vermutet, dass ein auftretender Mangel bereits bei Übergabe vorlag. Nach Ablauf dieser Frist kehrt sich die Beweislast um.
Welche Rechte hat der Käufer bei einem mangelhaften Hund?
Die Rechte des Käufers ergeben sich aus § 437 BGB. Sie umfassen insbesondere:
• Nacherfüllung: Der Käufer kann zunächst verlangen, dass der Verkäufer den Mangel beseitigt, etwa durch tierärztliche Behandlung auf eigene Kosten.
• Rücktritt: Wenn die Nacherfüllung scheitert oder verweigert wird, kann der Käufer vom Vertrag zurücktreten.
• Minderung: Alternativ zum Rücktritt kann der Kaufpreis gemindert werden.
• Schadensersatz: Bei Vorliegen eines Verschuldens kann auch Schadensersatz verlangt werden.
Wichtig ist, dass der Käufer dem Verkäufer zunächst Gelegenheit zur Nacherfüllung geben muss. Bei Tieren wird dies meist durch Übernahme der tierärztlichen Kosten oder durch Rücknahme des Tieres erfolgen.
Was ist mit der „Rückgabe“ des Hundes?
Tierschutzvereine bieten häufig aus eigenem Interesse an, den Hund zurückzunehmen. Das ist praktisch, aber nicht rechtlich zwingend die einzige Möglichkeit. Der Käufer ist nicht verpflichtet, den Hund zurückzugeben. Er kann auch auf Nacherfüllung oder Minderung bestehen.
Ein häufiges Missverständnis ist die Annahme, man könne bei Tieren nur auf Rückgabe pochen. Das ist unzutreffend. Der Käufer hat grundsätzlich dieselben Rechte wie bei anderen Kaufsachen, wobei die Besonderheiten lebender Wesen natürlich praktisch und ethisch zu berücksichtigen sind.
Selektives Fressverhalten – Mangel oder normales Verhalten?
Nicht jedes Verhalten, das vom Idealbild abweicht, ist rechtlich ein Mangel. Wählerisches Fressverhalten ist bei Hunden nicht ungewöhnlich und stellt regelmäßig keinen Sachmangel im Sinne des § 434 BGB dar – es sei denn, es liegt eine diagnostizierbare Fütterungsunverträglichkeit oder Erkrankung zugrunde.
Ob ein solcher Zustand vorliegt, kann nur durch tierärztliche Diagnostik festgestellt werden. Liegt eine therapiebedürftige Ursache zugrunde, kann das im Einzelfall wiederum einen Sachmangel darstellen.
Vorgehensweise bei vermuteten Mängeln nach Hundekauf
Wer feststellt, dass ein frisch übernommener Hund Auffälligkeiten zeigt, sollte wie folgt vorgehen:
1. Dokumentation: Symptome schriftlich festhalten und durch Fotos oder Videos belegen.
2. Tierärztliche Untersuchung: Fachliche Einschätzung einholen, ob es sich um einen anlagebedingten Defekt oder um ein erworbenes Problem handelt.
3. Verkäufer kontaktieren: Den Verein schriftlich und nachweisbar informieren, unter Fristsetzung zur Stellungnahme und Nacherfüllung auffordern.
4. Rechtsberatung einholen: Insbesondere wenn der Verein nicht reagiert oder eine Rücknahme anbietet, obwohl andere Ansprüche bestehen.
Relevanz der Vertragsgestaltung im Einzelfall
Ausschlaggebend ist stets der konkrete Wortlaut des Kaufvertrags. Enthält dieser z.?B. einen Ausschluss der Gewährleistung, so ist zu prüfen, ob dieser rechtlich wirksam ist. Bei Verbrauchsgüterkäufen – also Verkäufen vom Unternehmer (z.?B. Tierschutzverein) an Verbraucher – sind pauschale Gewährleistungsausschlüsse regelmäßig unwirksam (§ 476 Abs. 1 BGB).
Auch Klauseln zur Rücknahme oder Rückgabepflicht sind kritisch zu würdigen. Es gilt: Der Käufer kann seine Rechte grundsätzlich geltend machen, der Verkäufer darf diese nicht durch AGB ausschließen oder beschneiden.
Fazit: Rechte sichern, Verein kontaktieren, Frist setzen
Ein gesundheitlicher Mangel wie eine Fehlstellung des Beins kann einen Sachmangel im Sinne des Kaufrechts darstellen. Wer einen solchen Defekt kurz nach Übergabe feststellt, sollte nicht vorschnell auf Rückgabe eingehen, sondern seine Rechte prüfen und aktiv ausüben: schriftlich, sachlich und mit Fristsetzung.
Rechtsanwalt Nils Michael Becker aus Bad Honnef bei Bonn ist mit seiner Kanzlei auf Tierrecht, Datenschutz und Vereinsrecht spezialisiert. Er ist Dozent an der Tierechtsakademie in Bielefeld. Einfache und schnelle Terminvereinbarung unter nilsbecker.de/telefontermin.“