Warum eine rechtliche Absicherung bei Tierverkäufen sinnvoll ist
Der Verkauf von Tieren – ob Hund, Katze oder andere Haustiere – ist rechtlich gesehen ein Kaufvertrag. Gerade Züchter müssen sich dabei oft mit schwierigen rechtlichen Fragen beschäftigen. Ein häufig auftretender Fall ist, dass vor Übergabe des Tieres wichtige Untersuchungsergebnisse noch nicht vorliegen. Hier stellt sich regelmäßig die Frage, wie man sich als Züchter absichern kann, wenn Käufer dennoch auf einer sofortigen Übergabe bestehen. Genau diese Problematik soll nachfolgend praxisnah erläutert und gelöst werden.
Die Bedeutung der Kotuntersuchung beim Tierverkauf
Ein fiktiver Fall: Ein Züchter hat eine Kotuntersuchung veranlasst, deren Ergebnis noch aussteht. Derartige Untersuchungen dienen dazu, eventuelle Parasiten oder Erkrankungen rechtzeitig zu erkennen und zu behandeln. Obwohl dies primär im Interesse des Tieres liegt, wirkt es sich unmittelbar auf die rechtliche Situation zwischen Verkäufer und Käufer aus: Die Überlassung eines Tieres mit unbekanntem Gesundheitsstatus kann als Übergabe einer mangelhaften Sache betrachtet werden, wenn später tatsächlich eine Erkrankung festgestellt wird.
Kann der Käufer trotz ausstehendem Untersuchungsergebnis auf Übergabe bestehen?
Die Käufer möchten das Tier vielleicht bereits übernehmen, bevor die Ergebnisse der Untersuchung vorliegen. Rechtlich betrachtet handelt es sich dabei um eine bewusste Übernahme eines Risikos durch den Käufer. Entscheidend ist hier, ob der Käufer eindeutig über die möglichen Konsequenzen dieser Entscheidung aufgeklärt wurde und diese ausdrücklich akzeptiert hat. Grundsätzlich ist es rechtlich möglich, dass ein Käufer auf ihm zustehende Ansprüche verzichtet oder bestimmte Risiken selbst übernimmt. Ein solcher Verzicht muss jedoch klar und eindeutig formuliert sein, um im Streitfall Bestand zu haben.
Schriftliche Absicherung des Züchters – auf die Details kommt es an
Um sich als Züchter rechtlich abzusichern, genügt keinesfalls ein kurzer Satz, der nur grob auf den Sachverhalt hinweist. Es empfiehlt sich vielmehr eine ausdrückliche schriftliche Erklärung der Käufer, die idealerweise von diesen handschriftlich verfasst wird. Der Hintergrund dieser Formempfehlung ist rechtlicher Natur: Handschriftlich verfasste Erklärungen signalisieren deutlich, dass der Käufer sich aktiv und bewusst mit dem Inhalt beschäftigt hat. Außerdem wird der Eindruck vermieden, dass es sich um vorformulierte allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) handelt, welche besonderen rechtlichen Anforderungen unterliegen und im Zweifel sogar unwirksam sein könnten.
Die schriftliche Erklärung sollte folgende Aspekte deutlich erfassen:
* Wann wurde die Kotuntersuchung veranlasst?
* Warum liegt das Ergebnis aktuell nicht vor?
* Dass die Käufer ausdrücklich erklären, dass sie trotz fehlender Untersuchungsergebnisse das Tier übernehmen wollen.
* Dass den Käufern bewusst ist, dass das Tier möglicherweise erkrankt sein könnte.
* Dass die Käufer erklären, alle notwendigen Behandlungskosten selbst zu übernehmen.
* Warum die Käufer nicht bereit sind, auf das Untersuchungsergebnis zu warten.
Formulierungsvorschlag zur schriftlichen Absicherung (vom Käufer handschriftlich zu fertigen)
Eine rechtssichere Formulierung könnte wie folgt aussehen, wobei der Käufer dies handschriftlich niederschreiben sollte:
„Uns wurde vom Züchter XY erklärt, dass am \[Datum] eine Kotuntersuchung veranlasst wurde, deren Ergebnis bis heute (\[aktuelles Datum]) noch nicht vorliegt. Trotz Kenntnis dieser Tatsache und der damit verbundenen Risiken bestehen wir ausdrücklich darauf, das Tier am \[Übergabedatum] zu übernehmen. Wir verzichten auf etwaige Nachbesserungsansprüche gegenüber dem Verkäufer, insbesondere übernehmen wir ausdrücklich alle zukünftigen Behandlungskosten, die sich aus dem Ergebnis der Untersuchung ergeben könnten. Wir wünschen die Übernahme zu diesem Zeitpunkt ausdrücklich, da \[hier individueller Grund angeben].“
Eine solche Erklärung schützt den Züchter weitgehend davor, im Nachhinein mit unerwarteten Forderungen konfrontiert zu werden.
Was passiert, wenn der Käufer später doch Ansprüche erhebt?
Trotz aller Absicherungen kann es passieren, dass ein Käufer später dennoch Ansprüche geltend machen will. Sollte sich herausstellen, dass das Tier tatsächlich erkrankt ist, kommt es entscheidend darauf an, wie gut der Züchter dokumentiert hat, dass der Käufer bewusst und freiwillig das Risiko der Übernahme akzeptiert hat. Eine sorgfältig dokumentierte Erklärung, wie oben beschrieben, bietet in diesem Fall eine starke Verteidigungsbasis. Ein Gericht wird im Streitfall vor allem prüfen, ob der Käufer vollständig und nachvollziehbar über das Risiko aufgeklärt wurde und ob die Risikoverteilung eindeutig zwischen den Parteien vereinbart wurde.
Reicht ein kurzer Zweizeiler als Erklärung aus?
Ein einfacher Zweizeiler, wie ihn viele Verkäufer aus Praktikabilitätsgründen bevorzugen, birgt durchaus rechtliche Risiken. Die Rechtsprechung fordert klare und umfassende Risikoaufklärung. Wird eine Erklärung zu kurz und zu unbestimmt abgefasst, könnte sie im Streitfall als unwirksam oder unzureichend beurteilt werden. Der Züchter läuft dann Gefahr, trotzdem für Nachbesserungen oder Schadensersatz haften zu müssen. Die handschriftliche, umfassende Erklärung, wie zuvor dargestellt, bietet deshalb deutlich mehr Rechtssicherheit.
Fazit: Rechtsanwaltliche Beratung bei Unsicherheit sinnvoll
Wer sich unsicher ist, ob seine Formulierung ausreichend ist oder wer regelmäßig Tiere verkauft und daher häufiger in vergleichbare Situationen gerät, sollte unbedingt rechtlichen Rat einholen. Eine individuelle Beratung durch einen spezialisierten Anwalt minimiert das Risiko deutlich und gewährleistet rechtssichere Vorgehensweisen beim Verkauf von Tieren. Denn jeder einzelne Fall ist anders und rechtliche Bewertungen hängen stets von den konkreten Umständen ab.
Rechtsanwalt Nils Michael Becker aus Bad Honnef bei Bonn ist mit seiner Kanzlei auf Tierrecht, Datenschutz und Vereinsrecht spezialisiert. Er ist Dozent an der Tierechtsakademie in Bielefeld. Einfache und schnelle Terminvereinbarung unter nilsbecker.de/telefontermin.“