Die Basis jeder Pferdehaltung bildet das deutsche Tierschutzgesetz. Es verpflichtet Halter, Pferden Ernährung, Pflege und Unterbringung so zu gestalten, dass deren Wohlergehen gesichert ist. Verboten sind Schmerzen, Leiden und vermeidbare Schäden. Ergänzend konkretisiert die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung Haltungsanforderungen wie Licht, Stallklima oder Bewegungsflächen. Das Tiergesundheitsgesetz wiederum legt Melde- und Mitwirkungspflichten bei Tierseuchen fest und bindet Pferdehalter an Vorsorge-, Impf- und Hygienekonzepte. Für Kennzeichnung und Registrierung schreibt die Viehverkehrsverordnung eine Betriebsregistrierung sowie den Einsatz transpondergestützter Identifikationssysteme vor. Zusammen fügen sich diese Gesetze zu einem engmaschigen Netz, das Tierwohl, Tiergesundheit und Rückverfolgbarkeit sicherstellt, ohne dem Praktiker unnötige Freiräume zu nehmen.
Europäische Vorgaben und ihre Umsetzung
Die Pferdehaltung ist eng in europäische Rechtsakte eingebunden. Zentral ist die Equidenpass-Verordnung, die Regeln zur Identifizierung, Registrierung, Dokumentation von Arzneimittelbehandlungen und zu Handelsvorgängen innerhalb der Union festlegt. Daneben regeln tierseuchenrechtliche Richtlinien den Verkehr lebender Equiden sowie Sperma, Eizellen und Embryonen. Die seit 2021 geltende EU-Tierzuchtverordnung modernisiert Zuchtbuchführung, Anerkennung von Zuchtverbänden und grenzüberschreitende Tätigkeit. Deutschland setzt diese Vorgaben durch entsprechende Anpassungen der Viehverkehrsverordnung, der Tierzuchtgesetzgebung und digitaler Schnittstellen, etwa das Herkunftssicherungs- und Informationssystem HIT, um. Wer Pferde hält, importiert oder züchtet, bewegt sich also in einem zweistufigen Normgefüge: EU-Vorschrift plus nationales Ausführungsgesetz – beides verbindlich und sanktionsbewehrt.
Bau- und Immissionsrecht
Jeder Stall ist baurechtlich eine Anlage. Das Baugesetzbuch und die jeweiligen Landesbauordnungen entscheiden darüber, ob ein Stall im sogenannten privilegierten Außenbereich errichtet werden darf oder ob er in ein Bebauungsgebiet muss. Maßgeblich ist dabei der landwirtschaftliche Charakter des Vorhabens. Sobald Pferde nicht im Zusammenhang mit Bodenbewirtschaftung gehalten werden, entfällt der erleichterte Außenbereichstatbestand. Zusätzlich prüft das Bundes-Immissionsschutzrecht Geruchs-, Staub- und Lärmimmissionen. Die Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft verlangt ab bestimmten Betriebsgrößen ein Genehmigungsverfahren einschließlich Emissionsprognose. Damit schon in der Planungsphase Klarheit herrscht, sollten Betreiber frühzeitig das immissionsschutzrechtliche Einordnen ihrer Anlage, die ausreichende Entwässerung sowie Mist- und Gülle-lagerkapazitäten abstimmen.
Tierschutzfachliche Leitlinien und anerkannte Standards
Rechtlich unverbindlich, in der Praxis jedoch Bindeglied zwischen Gesetz und Vollzug, sind die Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten des Bundesministeriums. Gerichte betrachten sie als antizipiertes Sachverständigengutachten und stützen Urteile regelmäßig darauf. Die Leitlinien konkretisieren Stall- und Liegeflächen, Innenklima, Umgang, Fütterung, Auslauf und Weidegestaltung. Ergänzend haben Fachverbände wie die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz, die Deutsche Reiterliche Vereinigung oder Landwirtschaftskammern Positionspapiere erarbeitet, die das anerkannte Fachwissen widerspiegeln. Wer sich an diesen Standards orientiert, handelt nicht nur tiergerecht, sondern minimiert das Risiko behördlicher Beanstandungen.
Weitere öffentlich-rechtliche Anforderungen
Pferdebetriebe unterliegen dem Düngerecht. Die Düngeverordnung verpflichtet zur Dokumentation von Nährstoffströmen und zur Begrenzung der Ausbringmengen. Ebenso relevant ist das Wasserhaushaltsgesetz mit Anforderungen an Lagerung und Ausbringung flüssiger Wirtschaftsdünger, um Grundwasser und Oberflächengewässer zu schützen. Das Abfallrecht regelt Entsorgung tierischer Nebenprodukte wie Kadaver oder kontaminiertes Einstreu. Arbeiten Beschäftigte im Betrieb, greifen außerdem Arbeitsschutz und Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaft. Gewerbliche Einrichtungen, etwa Reitschulen oder Handelsställe, benötigen eine tierschutzrechtliche Erlaubnis und müssen Sachkunde nachweisen. Auch das Verbraucherschutzrecht spielt hinein, sobald Pferde in der Lebensmittelkette verbleiben.
Praktische Konsequenzen für Betriebsleiter
Alle Rechtsgrundlagen greifen ineinander. Wer einen modernen Pferdebetrieb führt, vereint daher klassische Managementaufgaben mit juristischer Kenntnis. Vor Errichtung einer Anlage sollten Bau-, Immissions- und Naturschutzrecht geprüft und ein genehmigungsfähiges Stall- und Auslaufkonzept erstellt werden. In der Betriebspraxis entscheidet das Zusammenspiel aus tiergerechtem Haltungssystem, belastbaren Hygiene- und Gesundheitsprogrammen sowie lückenloser Dokumentation über Rechtssicherheit. Regelmäßige Schulungen der Mitarbeiter zu Tierwohl, Arbeitsschutz und Notfallmanagement sind ebenso Pflicht wie die konsequente Nutzung anerkannter Leitlinien zur Eigenkontrolle. Jede Abweichung von Mindestanforderungen bedarf einer fachlichen Begründung und sollte nur kurzfristig erfolgen. So entsteht eine Pferdehaltung, die tierschutz-, bau- und umweltrechtlich Bestand hat, den ökonomischen Rahmenbedingungen entspricht und gleichzeitig dem Ansehen der Branche dient.
Rechtsanwalt Nils Michael Becker aus Bad Honnef bei Bonn ist mit seiner Kanzlei auf Tierrecht, Datenschutz und Vereinsrecht spezialisiert. Er ist Partner und Dozent an der Tierechtsakademie in Bielefeld und unterrichtet regelmäßig an der Akademie des Deutschen Beamtenbundes (dbb Akademie). Einfache und schnelle Terminvereinbarung unter nilsbecker.de/telefontermin.“