Das Komitee gegen Vogelmord (Bonn) hat nach der Zerstörung eines Seeadler-Horstes in Schleswig-Holstein eine Belohnung von 3.000 Euro für Hinweise auf die Täter ausgesetzt. Das ist für eine gemeinnützige Organisation viel Geld und ein Hinweis darauf, wie verzweifelt sich die Lage in solchen Gebieten entwickeln kann, in denen Naturschutz und Windkraft aufeinanderprallen.
Denn das Interessante an dem aktuellen Fall ist, dass sogar der Kieler Umweltminister Robert Habeck laut Presseberichten davon sprach, es gäbe landesweit Hinweise auf gezielte Straftaten im Zusammenhang mit der Planung oder Errichtung von Windkraftanlagen. Brutstätten streng geschützter Arten können die Planung solcher Windparks empfindlich stören oder ihre Errichtung gar verhindern, wie man aktuell am FFH-Gebiet rund um den Asberg zwischen Bonn und Koblenz verfolgen kann.
Dabei steht sogar Umweltminister Habeck selbst in der Kritik von Windparkgegnern, er habe durch neue rechtliche Regeln den Schutz solcher Arten empfindlich verringert. Tatsächlich will das Ministerium in Form von Einzelfallprüfungen je nach Lage auch erlauben, dass die Artenschutzprüfung nur in zeitlich verkürzter Form erbracht werden muss – anstatt nach mehreren Jahren könnte ein Gutachten dann binnen eines Jahres vorgelegt werden. Dazu soll es reichen, dass der Antragsteller (also der, dem am wenigsten an Vorkommen streng geschützer Arten gelegen sein kann), die Verkürzung der Beobachtungszeiträume fachlich begründet. In einer Pressemitteilung erklärte Minister Habeck stolz: „Wir erlauben einerseits, den Kernbereich um die Nester betroffener Großvogelarten für Windanlagen grundsätzlich zugänglich zu machen. Andererseits formulieren wir, was kein anderes Land formuliert: ein klares Anforderungsraster.“
Man kann das sicher für ein Argument halten. Andererseits weiß jeder, dass man schädliche Entwicklungen so früh wie möglich stoppen muss. Warum erst den Wolf in die Schafsherde lassen, um dann anschließend auf anständiges Benehmen zu hoffen? Das Umweltministerium in Kiel, das auch für die Energiewende im Land zuständig ist, sucht vielleicht in Wirklichkeit doch mehr einen pragmatischen Weg, artenschutzrechtliche Bedenken schneller vom Tisch wischen zu können, ohne sich einem Vorwurf auszusetzen.
Das kann im Ergebnis für seltene Arten wie Seeadler bedrohlicher sein, als die wenig intelligente Zerstörung von Horsten. Denn wer annimmt, ein so verschwundener Horst würde für das Genehmigungsverfahren keine Rolle mehr spielen, irrt: Schon aus Gründen der Staatsraison legen die Behörden nämlich für die weitere Prüfung die Annahme zu Grunde, der Horst sei noch immer vorhanden.