Ein aktuelles Urteil des Landgerichts Lübeck (LG) wirft ein Schlaglicht auf die Verantwortung von Steuerberatern bei der Beratung ihrer Mandanten. In dem Urteil vom 11. Januar 2024 (Az. 15 O 72/23) wurde entschieden, dass ein Steuerberater seinen Mandanten über die möglichen Konsequenzen einer einmaligen Steuerermäßigung gemäß § 34 Abs. 3 S. 4 EStG aufklären muss. Dieses Urteil folgt einem Fall, in dem ein Steuerberater versäumte, seinen Mandanten darauf hinzuweisen, dass die Inanspruchnahme eines speziellen ermäßigten Steuersatzes, der nur einmal im Leben geltend gemacht werden kann, später verbraucht sein könnte, selbst wenn er nicht explizit beantragt wurde.
Im vorliegenden Fall hatte das Finanzamt eigenmächtig diesen speziellen Steuersatz angewendet, der bei außerordentlichen Einkünften eine deutliche Senkung der Steuerlast ermöglicht. Der Mandant folgte dem Rat seines Steuerberaters, nicht gegen den Bescheid vorzugehen, um eine höhere Nachzahlung zu vermeiden. Zehn Jahre später wurde ihm die erneute Nutzung dieses Steuersatzes verwehrt, da er gemäß Gesetz bereits in Anspruch genommen worden war.
Rechtliche Konsequenzen und Beraterpflichten
Das LG Lübeck bestätigte, dass der Steuerberater den Mandanten über das Risiko hätte aufklären müssen, dass die Vergünstigung später nicht mehr verfügbar sein könnte. Das Gericht wies darauf hin, dass das Gesetz diese Regelung eindeutig festlegt. Der Steuerberater argumentierte, dass er zu diesem Zeitpunkt nicht wissen konnte, dass der ermäßigte Steuersatz auch dann verbraucht ist, wenn er nicht beantragt wurde, da es keine entsprechenden Gerichtsentscheidungen gab. Das Gericht sah dies jedoch anders und sprach dem Mandanten Schadensersatz in Höhe von rund 220.000 Euro zu.
Dieses Urteil unterstreicht die Bedeutung der umfassenden Beratung durch Steuerberater, insbesondere in Bezug auf komplexe und potenziell folgenreiche Aspekte der Steuergesetzgebung. Es zeigt, dass Steuerberater eine weitreichende Verantwortung tragen, über alle relevanten und möglichen Konsequenzen von Steuerbescheiden aufzuklären, auch wenn diese nicht unmittelbar offensichtlich sind.