Waldtypische Geräusche (Dressur-Studien 01/2014)

Mit dem Pferd durch den Wald zu reiten, ist im Idealfall ein Vergnügen. Denn dort warten frische Luft und Entspannung. Aber auch rechtliche Probleme und „waldtypische Geräusche“.

Letzteres ist eine Erfindung von Juristen und im Zweifel nicht die Art von Ruhe, die man sich auf Anhieb darunter vorstellen könnte. Nach Ansicht der Richter darf es da nämlich gern auch kräftig knallen. Das höchste deutsche Gericht in Zivilsachen, der Bundesgerichtshof (BGH) hatte 2011 über die Frage zu entscheiden, ob eine Reiterin beim Waldausritt mit Schussgeräuschen rechnen muss oder nicht.

Die Klägerin war von ihrem Pferd gestürzt, weil sich dieses durch in der Nähe bei einer Treibjagd abgefeuerte Schüsse erschreckt und gescheut hatte. Den Schaden wollte die Reiterin von den Jägern ersetzt haben, denn diese seien ihrer Pflicht, andere vor den Schüssen zu warnen, nicht ausreichend nachgekommen.

Stimmt nicht, urteilte in letzter Instanz der BGH. Denn in einem Wald müsse immer auch mit Schüssen gerechnet werden, solche Geräusche seien eben „waldtypisch“. Wer ein daran nicht gewöhntes Pferd dennoch im Wald bewege, habe eben auch das daraus resultierende Risiko zu tragen, befanden die Richter.

Knallt es dagegen weniger als 30 Meter entfernt von Ihnen, haben Sie gute Chancen, den Jäger für Schäden an Mensch und Tier haftbar zu machen – wenn sie ihn noch erwischen. So nahe neben einem Pferd zu schießen hielten die Richter des Saarländischen Oberlandesgerichtes für eine Pflichtverletzung, aufgrund derer entstehende Schäden auch zu tragen seien – und bis heute hat ihnen da niemand widersprochen.

Ganz sicher sind Sie übrigens auch zu Hause nicht. Denn Jäger haften nicht für Schäden, wenn ein bei der Jagd aufgescheuchtes Wildschwein zwei Flüsse durchschwimmt, zwei weitere Kilometer rennt und dann durch Ihre Terrassentür springt und die Einrichtung ruiniert.

Das halten Sie jetzt ohnehin für erfunden? Dann gebe ich Ihnen mal das Aktenzeichen: OLG Lüneburg, 4 O 201/02.

Dieser Beitrag stammt aus der Ausgabe 01/2014 der Dressur-Studien, die Sie hier erwerben können.

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