: : Tierschutz aus dem Ausland – rechtliche Grenzen privater Tierhilfe

Import aus Drittstaaten: Einfuhrvoraussetzungen müssen strikt eingehalten werden

Wer Tiere aus einem Nicht-EU-Land wie der Türkei nach Deutschland bringen möchte, unterliegt strengen Einfuhrbestimmungen. Die Türkei gilt als sogenannter gelisteter Drittstaat mit Tollwutrisiko. Damit ein Hund oder eine Katze legal eingeführt werden darf, müssen bestimmte Voraussetzungen zwingend erfüllt sein. Hierzu zählt insbesondere eine gültige Tollwutimpfung und ein zusätzlicher Tollwut-Titernachweis, der durch ein anerkanntes Labor erstellt wurde. Die Tiere dürfen erst frühestens drei Monate nach der Blutentnahme eingeführt werden.

Ein rumänischer Heimtierausweis genügt keineswegs als Ersatz, wenn das Tier tatsächlich aus der Türkei stammt. Wird ein Tier aus einem Drittstaat unter Vortäuschung einer EU-Herkunft (z.?B. durch Transit über Rumänien) eingeführt, stellt dies nicht nur eine Ordnungswidrigkeit, sondern unter Umständen auch eine Straftat dar – etwa wegen Urkundenfälschung oder Verstoßes gegen tierseuchenrechtliche Vorschriften.

Privater Zwischenstopp: Wer trägt die Verantwortung für die Tiere?

Auch wenn die Tiere offiziell nicht dauerhaft in einem Haushalt verbleiben sollen, ist rechtlich entscheidend, wer sie aktuell betreut und hält. Im beschriebenen Fall liegt die tatsächliche Obhut über die Tiere bei einer älteren Dame. Damit trägt sie – unabhängig von Eigentumsfragen – die Halterverantwortung im Sinne des Tierschutzgesetzes und anderer Vorschriften.

Das umfasst nicht nur artgerechte Unterbringung, Versorgung und tierärztliche Behandlung, sondern auch etwaige Meldepflichten nach dem Hundegesetz des jeweiligen Bundeslands, Anmeldung bei der Kommune und Abschluss einer Hundehaftpflichtversicherung, sofern vorgeschrieben.

Wenn diese Person der Aufgabe offensichtlich nicht gewachsen ist, liegt darin ein tierschutzrelevantes Problem. Auch eine gut gemeinte Hilfe für ein Familienmitglied ändert daran nichts. Wer ein Tier dauerhaft oder übergangsweise aufnimmt, wird zur verantwortlichen Halterperson – mit allen damit verbundenen Pflichten.

Veterinäramt einschalten: Wann Behörden aktiv werden sollten

Sobald der Verdacht besteht, dass Tiere unter Bedingungen gehalten werden, die ihrem Wohl nicht entsprechen, sollte das zuständige Veterinäramt informiert werden. Dies gilt insbesondere bei:
• mangelnder Versorgung (z.?B. kein Futter, keine tierärztliche Betreuung),
• Überforderung der Betreuungsperson,
• ungeklärten Eigentumsverhältnissen bei gleichzeitiger Vermittlungsabsicht,
• illegaler Einfuhr oder fehlenden Dokumenten,
• unseriösen Vermittlungspraktiken.

Das Veterinäramt hat weitreichende Befugnisse: Es kann die Haltung kontrollieren, Auflagen erteilen, Tiere beschlagnahmen oder auch Ordnungswidrigkeiten- und Strafverfahren anregen. Es wird dabei sowohl die Situation der Tiere als auch die rechtlichen Hintergründe prüfen – etwa, ob eine tierschutzrechtliche Erlaubnis nach §?11 Tierschutzgesetz vorliegt, wenn Tiere regelmäßig zur Vermittlung eingeführt werden.

Vermittlung ohne Erlaubnis: §?11 Tierschutzgesetz ist klar

Wer Tiere aus dem Ausland bezieht und sie in Deutschland gegen Schutzgebühr weitervermittelt, benötigt dafür grundsätzlich eine Erlaubnis nach §?11 Abs.?1 Nr.?3 und Nr.?5 Tierschutzgesetz. Das betrifft sowohl Vereine als auch Privatpersonen, wenn die Tätigkeit regelmäßig oder mit Gewinnerzielungsabsicht erfolgt.

Ohne diese Erlaubnis handelt es sich um eine unerlaubte Tierschutzvermittlung – ein klarer Gesetzesverstoß. Auch sogenannte „Kooperationen“ mit anderen Vereinen entbinden nicht von dieser Pflicht, wenn die tatsächliche Vermittlungspraxis in Deutschland erfolgt.

Ein häufiger Versuch, sich der Verantwortung zu entziehen, besteht darin, die Vermittlung als „privat“ oder „freundschaftlich“ darzustellen. Entscheidend ist jedoch die tatsächliche Organisation, Bewerbung und Abwicklung – nicht die formale Bezeichnung.

Schutzgebühr und Auflagen: Was ist zulässig?

Eine Schutzgebühr darf grundsätzlich verlangt werden, wenn sie nicht in einem auffälligen Missverhältnis zu den Aufwendungen steht. Sie dient dem Zweck, die Tierhaltung zu fördern und Missbrauch zu verhindern, ist aber kein Kaufpreis im zivilrechtlichen Sinn. Wird jedoch eine hohe Schutzgebühr mit unrealistischen Vermittlungskriterien kombiniert und gleichzeitig die Herkunft der Tiere verschleiert, kann dies ein Hinweis auf eine unseriöse Praxis sein.

Auch Auflagen, die faktisch einer Vermittlung im Wege stehen – etwa überzogene Anforderungen an das neue Zuhause oder das Beharren auf bestimmten persönlichen Voraussetzungen – können problematisch sein, wenn sie der Tierwohlvermittlung entgegenstehen. Eine solche Praxis könnte darauf hindeuten, dass überhaupt keine echte Vermittlung beabsichtigt ist, sondern lediglich ein Vorwand besteht, um sich der Verantwortung zu entziehen oder Geld einzunehmen.

Was Angehörige und Nachbarn tun können

Menschen im Umfeld der betroffenen Person stehen oft ratlos daneben. Wer helfen will, sollte sich nicht auf Diskussionen mit uneinsichtigen Angehörigen beschränken, sondern sachlich dokumentieren, was konkret problematisch ist: Fotos, Tagebuch der Versorgungssituation, Kopien von Nachrichten. Diese Informationen können dem Veterinäramt eine objektive Grundlage liefern.

Zudem kann auch die Sozialbehörde oder ein Pflegedienst einbezogen werden, wenn die betroffene Person selbst durch die Tierhaltung gefährdet ist – etwa, weil sie medizinisch überfordert ist oder in eine finanzielle Notlage gerät. Die Verantwortung für die Tiere darf nicht auf dem Rücken einer hilflosen Person ausgetragen werden.

Fazit: Guter Wille ersetzt keine Legalität

Tierhilfe endet nicht am eigenen Gewissen. Wer Tiere aus dem Ausland bringt, muss die rechtlichen Voraussetzungen einhalten – sowohl bei der Einfuhr als auch bei der Haltung und Vermittlung. Die gute Absicht kann weder gegen das Tierschutzgesetz noch gegen die EU-Einreisevorschriften aufgewogen werden.

Gerade ältere oder sozial schwache Personen dürfen nicht zum Auffanglager für misslungene Vermittlungen gemacht werden. Das System des Auslandstierschutzes darf nicht auf Überforderung und Intransparenz gründen. Behörden sind nicht Gegner des Tierschutzes, sondern dessen Garant. Sie frühzeitig einzuschalten, schützt Tiere und Menschen gleichermaßen.

Rechtsanwalt Nils Michael Becker aus Bad Honnef bei Bonn ist mit seiner Kanzlei auf Tierrecht, Datenschutz und Vereinsrecht spezialisiert. Er ist Dozent an der Tierechtsakademie in Bielefeld. Einfache und schnelle Terminvereinbarung unter nilsbecker.de/telefontermin.“

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