: : Typische Mängel in privaten Pferdehaltungen und rechtliche Folgen

Einer der häufigsten Mängel in privaten Pferdehaltungen ist der unzureichende Bewegungsraum für Pferde. Als Steppentiere verfügen Pferde über ein ausgeprägtes Bedürfnis nach täglicher freier Bewegung. Unter natürlichen Bedingungen legen sie täglich viele Kilometer im Schritt zurück. Wird diesem Bedarf nicht Rechnung getragen, entstehen gesundheitliche Schäden am Bewegungsapparat sowie massive Verhaltensstörungen. Kontrollierte Bewegung durch Arbeit oder Training ist keine gleichwertige Alternative zur freien Bewegung. Das tägliche Angebot an Auslauf ist daher zwingend erforderlich – insbesondere für Jungpferde, Zuchtstuten und Pferde in Einzelhaltung.

Unterschreitung der gesetzlichen Mindestmaße für Stall und Auslauf

Ein weiterer häufiger Befund betrifft zu kleine Boxen oder Ausläufe. Die „Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten“ geben für die Boxenhaltung Mindestflächen abhängig von der Widerristhöhe des Pferdes vor. So benötigt ein Pferd mit einer Widerristhöhe von 1,48 m mindestens 8,76 m² Boxenfläche und eine freie Auslauffläche in derselben Größenordnung. Werden diese Maße unterschritten, ist eine tierschutzgerechte Haltung nicht mehr gegeben.

Mängel bei Stallklima, Bodenbeschaffenheit und Einstreu

Ein mangelhafter Stallboden – etwa zu rutschig, zu hart oder dauerhaft feucht – stellt ein erhebliches Risiko für Verletzungen und Erkrankungen dar. Verunreinigte oder unzureichend gewechselte Einstreu führt zu erhöhter Ammoniakkonzentration und schadet den Atemwegen. Die Liegeflächen müssen trocken, verformbar und sauber sein. Der Einsatz reiner Kunststoffmatten ohne ausreichende Einstreu erfüllt die Anforderungen an das Liegeverhalten nicht.

Fehlender Sozialkontakt und tierschutzwidrige Einzelhaltung

Pferde sind soziale Herdentiere. Eine isolierte Einzelhaltung ohne Sicht?, Hör- und Geruchskontakt zu Artgenossen widerspricht dem ethologischen Grundbedürfnis dieser Tiere. Besonders bei Jungpferden ist die Gruppenhaltung zwingend erforderlich. Verstöße gegen diese Mindestanforderung sind regelmäßig Gegenstand tierschutzrechtlicher Maßnahmen.

Gefährliche Zaunkonstruktionen und mangelhafte Einfriedung

Stacheldraht, Knotengitter oder defekte Zäune sind nicht nur tierschutzwidrig, sondern auch haftungsrechtlich bedenklich. Gerade in privaten Haltungen werden Zäune oft improvisiert, instand gehalten oder unzureichend kontrolliert. Die Verwendung solcher Materialien ist gesetzlich untersagt, da sie zu schweren Verletzungen führen können. Eine sichere Einzäunung muss stabil, gut sichtbar und frei von Verletzungsgefahren sein.

Unzureichender Witterungsschutz im Auslauf

Wird Pferden, die ganztägig oder ganzjährig im Auslauf gehalten werden, kein geeigneter Witterungsschutz geboten, ist dies ebenfalls als tierschutzwidrig zu bewerten. Ein bloßes Dach reicht nicht aus – der Schutz muss allen Tieren gleichzeitig Platz bieten und rangniedrigen Tieren zugänglich sein. Auch bei temporärem Weidegang ist zu prüfen, ob zusätzliche Schutzmaßnahmen erforderlich sind.

Folgen: Einschreiten des Veterinäramts

Die genannten Mängel begründen tierschutzrechtliche Verstöße, auf die das zuständige Veterinäramt reagieren muss. Die Palette der Maßnahmen reicht von einer schriftlichen Auflage über Bußgelder bis hin zu Haltungsverboten und Beschlagnahmen. Das Veterinäramt stützt sich hierbei auf die genannten Leitlinien, die als antizipiertes Sachverständigengutachten gelten und eine verbindliche Grundlage zur Bewertung der Haltung darstellen.

Rechtlicher Beistand durch spezialisierten Anwalt

Wird eine Pferdehaltung behördlich beanstandet, sollten die Betroffenen frühzeitig rechtlichen Beistand in Anspruch nehmen. Ein im Tierrecht spezialisierter Rechtsanwalt kennt nicht nur die gesetzlichen Anforderungen und Leitlinien, sondern auch die Praxis der Behörden. Er kann die Kommunikation mit dem Veterinäramt übernehmen, formale Fehler aufdecken und praktikable Lösungen zur Mängelbeseitigung erarbeiten. Gerade bei komplexen oder subjektiv bewertbaren Sachverhalten, etwa zum Bewegungsangebot oder Sozialkontakt, ist anwaltlicher Beistand entscheidend, um unnötige Auflagen oder eine Eskalation zu vermeiden.

Rechtsanwalt Nils Michael Becker aus Bad Honnef bei Bonn ist mit seiner Kanzlei auf Tierrecht, Datenschutz und Vereinsrecht spezialisiert. Er ist Partner und Dozent an der Tierechtsakademie in Bielefeld und unterrichtet regelmäßig an der Akademie des Deutschen Beamtenbundes (dbb Akademie). Einfache und schnelle Terminvereinbarung unter nilsbecker.de/telefontermin.“

Hinweis: Dieser Beitrag stammt vom

Bitte beachten Sie:
Dieser Beitrag stellt keine Rechtsberatung, sondern meine persönliche Sicht und meine Meinung auf dieses Thema dar. Wenn Sie einen Fehler entdecken, bin ich für einen Hinweis dankbar. Die Rechtslage kann in Ihrem konkreten Fall anders sein, bitte lassen Sie sich im Zweifel beraten.
Bitte vereinbaren Sie zur Beratung einen Termin unter nilsbecker.de/telefontermin

In