: : Verkehrszeichen „Anlieger frei“ – darf ich dort zum Gassigehen mit dem Auto hinfahren?

Viele Hundehalter kennen das Problem: schöner Spazierweg, aber Zufahrt verboten

Wer mit dem Hund in der Natur spazieren möchte, sucht oft gezielt abgelegene Wege. Doch genau diese Bereiche sind häufig durch Verkehrszeichen gesperrt – insbesondere durch das Zeichen „Verbot für Kraftfahrzeuge“ mit dem Zusatz „Anlieger frei“. Für viele Hundehalter stellt sich dann die Frage: Gilt das auch für mich, wenn ich dort nur parken und mit dem Hund laufen möchte?

Was bedeutet „Anlieger frei“ eigentlich genau?

Die Formulierung „Anlieger frei“ klingt zunächst großzügig, ist rechtlich aber eng auszulegen. Anlieger ist nur, wer in einem unmittelbaren rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnis zu einem Grundstück oder einer Einrichtung innerhalb des gesperrten Bereichs steht. Das kann etwa ein Grundstückseigentümer, Bewohner, Lieferant, Handwerker oder ein Besucher mit konkretem Anlass sein.

Spazierengehen oder Gassigehen, selbst wenn es regelmäßig erfolgt, reicht nicht aus. Denn dabei handelt es sich nicht um ein rechtlich geschütztes Anliegen, sondern lediglich um eine private Freizeitaktivität.

Warum Gassigehen kein berechtigter Anlass für die Einfahrt ist

Rechtlich gesehen ist der Wunsch, mit dem Hund einen bestimmten Weg entlangzulaufen, kein Grund, der eine Einfahrt erlaubt. Selbst wenn sich das Ziel innerhalb des gesperrten Bereichs befindet – etwa ein Waldweg, eine Wiese oder ein Wanderweg – genügt das nicht. Entscheidend ist, ob Sie etwas „anliegen“ haben, also ein konkretes, sachlich begründbares Anliegen mit Bezug zu einem Grundstück oder einer Funktion innerhalb der Sperrzone.

Wie sieht es aus, wenn am Ende ein Wanderparkplatz liegt?

Auch das Argument, dass ein öffentlicher Wanderparkplatz am Ende der Strecke liegt, ändert an der rechtlichen Beurteilung nichts. Ein solcher Parkplatz ist für Besucher vorgesehen, aber nicht automatisch ein Freifahrtschein. Denn „Anlieger frei“ schützt nicht die Allgemeinheit, sondern nur einen bestimmten Personenkreis mit konkretem Bezug zum Gebiet. Wer diesen Nachweis nicht erbringen kann, begeht durch die Einfahrt eine Ordnungswidrigkeit.

Keine Ausnahmeregelung für Hundehalter – auch bei fehlenden Parkplätzen außerhalb

Dass es außerhalb des gesperrten Bereichs keine Parkmöglichkeiten gibt, ist verständlich ärgerlich, aber rechtlich unerheblich. Die Regelung dient meist dem Schutz sensibler Gebiete oder der Verkehrsberuhigung. Behörden nehmen bewusst in Kauf, dass das Gebiet schwerer erreichbar ist. Auch aus Tierschutzsicht oder zur Erleichterung für ältere Hundehalter ließe sich keine Ausnahme begründen.

Was droht bei einem Verstoß? Und lohnt sich ein Einspruch?

Wer ohne Anliegerschaft in ein solches Gebiet einfährt, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Ein Bußgeld von 50 Euro ist dabei üblich. Die Bußgeldstelle kann auf Hinweise von Dritten reagieren – zum Beispiel, wenn ein Anwohner ein Kennzeichen meldet.

Ein Einspruch gegen den Bußgeldbescheid hat in der Regel nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn ein berechtigtes Anliegen nachgewiesen werden kann. Der bloße Wunsch, mit dem Hund dort spazieren zu gehen, reicht ausdrücklich nicht. Ohne triftigen Grund drohen im Einspruchsverfahren zusätzliche Verfahrenskosten.

Was wäre ein „triftiger Grund“ aus Sicht der Behörde?

Ein solcher könnte zum Beispiel vorliegen, wenn man Eigentümer eines Grundstücks innerhalb des Sperrbereichs ist, eine Pflege- oder Betreuungsaufgabe vor Ort erfüllt oder eine gewerbliche Tätigkeit ausübt. Auch ein konkreter, nachweisbarer Besuchstermin kann genügen. In all diesen Fällen sollte man den Nachweis mit dem Einspruch einreichen. Für Freizeitaktivitäten wie Wandern, Reiten oder eben Gassigehen fehlt jedoch dieser Bezug.

Was tun, wenn man regelmäßig in einem gesperrten Bereich spazieren möchte?

Wer regelmäßig ein bestimmtes Gebiet nutzt und dafür eine Zufahrt benötigt, sollte den Dialog mit der zuständigen Behörde suchen. In seltenen Fällen kann eine Ausnahmegenehmigung erteilt werden, etwa für Pflegestellen, Menschen mit eingeschränkter Mobilität oder ehrenamtliche Helfer im Naturschutz. Der Aufwand ist aber hoch, und in der Regel lehnt die Behörde solche Anträge ab, wenn kein objektiver Bedarf besteht.

Fazit: Hundehalter sind nicht automatisch Anlieger

Auch wenn der Wunsch, mit dem Auto zum Gassi-Ort zu fahren, nachvollziehbar ist – das Verkehrsrecht lässt hier wenig Spielraum. Wer sich nicht in einer unmittelbaren Beziehung zu einem Grundstück oder einer konkreten Einrichtung im gesperrten Bereich befindet, darf dort nicht einfahren. Für Hundehalter heißt das: lieber ein Gebiet mit legaler Zufahrt wählen oder den Weg zu Fuß in Kauf nehmen. Wer dennoch ein Bußgeldbescheid erhält, sollte sich vor einem Einspruch anwaltlich beraten lassen – denn nur mit fundierten Argumenten lässt sich der Bescheid wirksam angreifen.

Rechtsanwalt Nils Michael Becker aus Bad Honnef bei Bonn ist mit seiner Kanzlei auf Tierrecht, Datenschutz und Vereinsrecht spezialisiert. Er ist Partner und Dozent an der Tierechtsakademie in Bielefeld und unterrichtet regelmäßig an der Akademie des Deutschen Beamtenbundes (dbb Akademie). Einfache und schnelle Terminvereinbarung unter nilsbecker.de/telefontermin.“

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