: : Warum Aufnahmegebühren bei Wildtierstationen rechtlich problematisch sein können

Viele Wildtierstationen kämpfen mit chronischer Unterfinanzierung. Um die Versorgung der Tiere trotzdem zu gewährleisten, greifen manche Einrichtungen zu Aufnahmegebühren. Was auf den ersten Blick nachvollziehbar erscheint, birgt juristisch brisante Fragen – insbesondere, wenn es sich nicht um freiwillige Spenden, sondern um obligatorische Zahlungen handelt.

Pflichten nach dem Tierschutzgesetz: Wer ein Tier aufnimmt, übernimmt Verantwortung

Nach § 1 des Tierschutzgesetzes (TierSchG) ist es verboten, einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen. Wer ein verletztes oder hilfsbedürftiges Wildtier aufnimmt – sei es aus freien Stücken oder auf Ersuchen Dritter –, übernimmt tierschutzrechtlich eine Garantenstellung. Diese umfasst die Pflicht, das Tier fachgerecht zu versorgen und notfalls tierärztlich behandeln zu lassen. Diese Verantwortung kann nicht von der Zahlungsbereitschaft des Überbringers abhängig gemacht werden.

Obligatorische Gebühren als Zeichen mangelnder Leistungsfähigkeit?

Wenn eine Wildtierstation nur dann Tiere entgegennimmt, wenn zuvor eine Aufnahmegebühr gezahlt wird, stellt sich die Frage, ob sie überhaupt über ausreichende Mittel verfügt, um die übernommenen Pflichten zu erfüllen. Wer nur zahlende Tiere versorgt, signalisiert, dass ohne diese Einnahme keine adäquate Betreuung möglich wäre. Das wirft Zweifel an der fachlichen und finanziellen Eignung zur Führung einer tierschutzrechtlich genehmigungspflichtigen Einrichtung nach § 11 TierSchG auf.

Genehmigungsvoraussetzungen nach § 11 TierSchG

Die Erlaubnis zur Haltung und Pflege fremder Tiere setzt voraus, dass die betreffende Person oder Organisation über die nötige Sachkunde, Zuverlässigkeit sowie geeignete Räume und Einrichtungen verfügt. Dazu gehört auch, dass die finanzielle Ausstattung der Einrichtung so bemessen ist, dass eine kontinuierliche, dem Tierschutz entsprechende Versorgung gewährleistet ist. Eine Kostenbeteiligung mag ergänzend zulässig sein – sie darf aber nicht zur Bedingung für die Aufnahme gemacht werden.

Gefahr der mittelbaren Tierwohlgefährdung

Ein Aufnahmeverweigerungsprinzip für nicht zahlende Finder kann in der Praxis dazu führen, dass verletzte Tiere nicht abgegeben werden – sei es aus Angst vor Kosten oder aus Unkenntnis über die rechtliche Lage. Die Folge: Tiere bleiben unversorgt, obwohl geeignete Hilfe theoretisch zur Verfügung stünde. Diese mittelbare Gefährdung des Tierwohls widerspricht dem Schutzgedanken des Gesetzes und kann im Einzelfall sogar ordnungsrechtliche oder strafrechtliche Relevanz haben.

Spende statt Pflichtabgabe – die saubere Lösung

Eine rechtlich unproblematische Variante besteht darin, offen um Spenden zu bitten – zum Beispiel durch einen deutlich sichtbaren Spendenhinweis bei Tierannahme. Die freiwillige Natur der Zahlung muss jedoch erkennbar bleiben. Auch Modelle wie eine „empfohlene Spende“ oder gestaffelte Vorschläge sind zulässig, solange die Tieraufnahme nicht von der Zahlung abhängig gemacht wird.

Ausweg: Aufnahmebeschränkung aus Kapazitätsgründen

Wildtierstationen dürfen ihre Aufnahmekapazitäten sachlich begrenzen, etwa aus Platz- oder Personalmangel. Ein transparent kommunizierter Aufnahmestopp für bestimmte Arten ist rechtlich zulässig – solange die Entscheidung nicht vom Geldbeutel des Finders abhängt, sondern objektiv nachvollziehbar ist. Auch Kooperationen mit Behörden oder anderen Stationen können helfen, Engpässe abzufedern, ohne in tierschutzrechtliche Graubereiche zu geraten.

Fazit: Tierliebe braucht klare Strukturen – auch rechtlich

Die finanzielle Not vieler Wildtierstationen ist real. Dennoch darf die Lösung nicht darin bestehen, gesetzliche Pflichten an die Zahlungsbereitschaft Dritter zu knüpfen. Wer dauerhaft Tiere aufnimmt, muss dies unabhängig von einer Vergütung gewährleisten können. Aufnahmegebühren sind deshalb rechtlich nur als freiwillige Spenden unproblematisch – andernfalls könnten sie als Hinweis auf unzureichende Betriebsgrundlagen gedeutet werden, mit weitreichenden Folgen für die tierschutzrechtliche Zulässigkeit der gesamten Einrichtung.

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