Sogenannte „Schutzverträge“ sind ein beliebtes Instrument, wenn Pferde den Eigentümer wechseln sollen, ohne dass der neue Eigentümer mit dem Pferd machen kann, was er will. Schutzverträge sind gleichzeitig auch eine sehr umstrittene Methode, denn sie bieten im schlechtesten Fall nicht einmal juristische Genugtuung, wenn der Käufer sich an die Vereinbarung nicht hält.
Das liegt daran, dass (nicht nur) im deutschen Recht die schuldrechtliche Verpflichtung zwischen den Parteien, ein Pferd zu übergeben und dafür Geld oder ein Dankeschön zu erhalten, getrennt ist von dem sachenrechtlichen Eigentumsübergang an diesem Pferd. Dass sich ein Käufer bei Übernahme eines Pferdes also zu bestimmten Auflagen bekennt, ändert nichts daran, dass er Eigentümer des Pferdes wird, wenn das im Vertrag so vorgesehen und die Übergabe erfolgt ist.
Deshalb ist er auch nicht daran gehindert, das Eigentum an diesem Pferd sofort danach an eine weitere Partei abzugeben, selbst wenn im Schutzvertrag geregelt ist, er dürfe das nicht. Zwar macht sich der Käufer damit potenziell schadensersatzpflichtig, weil er sich vertragsbrüchig verhalten hat – aber bei Pferden mit geringem Wert führt dieses Ergebnis nicht weit. Selbst Betrugsvorwürfe scheitern häufig daran, dass der notwendige Schaden nicht zu erkennen ist – wer ein Pferd für einen symbolischen Euro abgibt, wird beim Staatsanwalt nur schwer Gehör finden, wenn das Tier anschließend verschwunden ist.
Für Nichtjuristen ist das ohne Frage schwer zu verstehen – und schon deshalb wird die Bedeutung von Schutzverträgen gern überschätzt. An den vielen, vielen unterschiedlichen Mustern und Textbausteinen, die in diesem Zusammenhang zu lesen sind, wird deutlich, wie verzweifelt Verkäufer von Pferden manchmal versuchen, sich auch für die Zukunft Mitspracherecht an ihrem Pferd zu sichern, obwohl sie es ja gerade abgeben. Manche kopieren verschiedene Vorlagen aus dem Internet ineinander, getreu dem Motto „viel hilft viel“ und machen damit alles noch viel schlimmer.
Auch wild formulierte Vertragsstrafen, die der Käufer zahlen soll, wenn er sich nicht an die Vertragsbestimmungen hält, haben in der Praxis wenig Sinn: Sie belasten den Delinquenten ja frühestens, wenn auch ein entsprechender Prozess gegen ihn gewonnen ist, und von solchen Prozessen ist wenig zu hören – sie setzen nämlich voraus, dass die klagende Partei zunächst weiteres Geld investiert, um ihn zu beginnen. Wer will das machen, wenn er sein Pferd gerade deshalb abgegeben hat, weil er es vielleicht nicht weiter durchfüttern kann?
Ein am ehesten funktionierender Ausweg könnten sehr individuell formulierte Verträge sein, die den Käufer an einer empfindlichen Stelle fassen. Aber das ist nicht nur (teure) Arbeit, sondern in der Regel auch ein Garant dafür, dass der Vertrag überhaupt nicht zustande kommt. Auch ehrliche Käufer wollen am Ende selbst über das Pferd bestimmen können, das sie übernehmen – völlig zu Recht, denn schließlich sollen sie auch sämtliche Kosten tragen, während sich gerade private Verkäufer in der Regel auch noch ausbedingen, nicht einmal für später auftretende Mängel des Pferdes in der Haftung sein zu wollen.
Bleibt noch die psychologische Komponente: Nicht jeder, der einen Vertrag unterschreibt, nimmt ihn anschließend nicht ernst. Hält sich ein Käufer auch aus Ehrgefühl an die vereinbarten Regeln, ist er aber vielleicht ohnehin der Partner, dem man das Pferd guten Gewissens hat geben können. Verträge braucht man eben – wie immer im Leben – für den Fall, in dem es nicht gut läuft, und das kündigt sich nicht immer an.
Am Ende muss deshalb jeder wissen:
Wer ein Pferd weggibt, hat auf dessen Zukunft kaum noch Einfluss. Was an Vorüberlegung und Information vor Vertragsschluss versäumt wird, lässt sich durch Vertragswerke kaum noch reparieren. Die ungeheuerlichen Geschichten über verschwundene Pferde nicht nur aus Niedersachen und Holstein zeigen deutlich, dass sich professionelle „Verwerter“ von Schutzverträgen mit Vertragsstrafen überhaupt nicht beeindrucken lassen. Sie setzen allein darauf, dass ein schnell weitergereichtes Tier so spurlos in der Verwertungskette verschwindet, dass die ehemaligen Eigentümer schon bald den Elan verlieren, der Sache nachzugehen. Und immer wieder erweist sich, dass das bei vielen Betroffenen auch so ist.
Sich von einem Pferd trennen, heißt, sich trennen. Überlegen Sie sich das also gut, Sie können die Entscheidung im Regelfall nicht korrigieren.
Dieser Beitrag stammt aus der Ausgabe 03/2018 der Dressur-Studien, die Sie hier erwerben können.