Mit der EU-DSGVO kommen auf Verantwortliche neu definierte Informationspflichten zu, deren umfängliche Erfüllung man getrost als „anspruchsvoll“ bezeichnen darf (Art. 12 bis 15 der DSGVO). Schon die bisherigen Veröffentlichungen und Diskussionen zeigen, dass der gesetzliche Ansatz, die Betroffenen sehr früh und sehr umfassend über die Verarbeitung, ihre Zwecke und rechtliche Grundlagen sowie Betroffenenrechte auf Auskunft, Widerspruch und ggfls. Löschung zu informieren, in der Praxis oft nur unter erheblichen Verrenkungen erfüllbar sind – insbesondere, wenn ein Medienbruch – also ein Technikwechsel oder eine faktische Verlagerung der vollständigen Information auf einen späteren Zeitpunkt – dabei nicht erlaubt sein sollen.
Während im Online-Bereich eine (auch umfassende) Information häufig einfach erscheint, weil Platz durch Verlinkung einerseits unbegrenzt vorhanden und andererseits dadurch auch kein Medienbruch entsteht, dürften viele Verantwortliche mit erheblichem Grausen daran denken, wie Belehrungen in Alltagssituationen im „Real Life“ bewerkstelligt werden müssen. An unzähligen Kontaktpunkten zwischen Verantwortlichen und Betroffenen wird es notwendig werden, erhebliche Textmengen zu übergeben und diese Textmengen auch ggfls. zu dokumentieren. Die Erhebung von Kundendaten für Angebote, Aufträge und ähnliche Vorgänge wird dadurch zu einer Herausforderung.
Um dem Zwang, erhebliche Papiermengen an Verbraucher herausgeben zu müssen, zu entgehen, werden viele Verantwortliche auf Hinweise im Internet setzen wollen. Dieser „Medienbruch“ führt aber unter Umständen dazu, dass die Betroffenen die gesetzlich vorgeschriebenen Informationen eben gerade nicht mehr in zeitlichem Zusammenhang mit der Erhebung erhalten, weil sie im Augenblick der Datenerhebung keinen technischen Zugriff auf das Internet haben (oder generell keinen). Zudem würde dem Betroffenen im Ergebnis aufgebürdet, sich um die Beschaffung der vollständigen Information letztlich selbst kümmern zu müssen (Aufruf des Internetlinks), obwohl der Gesetzgeber ausdrücklich eine Informationspflicht zu Lasten des Verantwortlichen definiert hat. Auch die Kosten für den Zugriff lägen dann beim Betroffenen, was so nicht vorgesehen ist.
Es wird daher aktuell noch immer überwiegend vertreten, dass ein Medienbruch im Rahmen der Informationspflichten nicht zulässig ist. Dagegen steht das durchaus nachvollziehbare Argument, dass sich die Verbreitung von Informationen über Internetseiten heute de facto durchgesetzt hat und von einer allgemeinen, einfachen Zugänglichen ausgegangen werden kann. Zudem mag die Information in der Textform einer Internetseite besser verständlich sein, als eine mündlich/akkustisch erteilte Information.
Ausgerechnet der Landesbeauftragte für den Datenschutz in Niedersachen hat nun beiläufig im Rahmen eines Hinweises zur Videoüberwachung die Auffassung vertreten, die Informationspflicht könne ggfls. durch eine kurze Kerninformation ohne Medienbruch in Verbindung mit einer ausführlicheren Information im Internet erfüllt werden. Die Internetinformation dürfe dabei aber nur ergänzenden Charakter haben. Ähnlich äußerte sich das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig Holstein, dass hinsichtlich der Informationspflichten bei Heilberufen erklärte, es sei unschädlich, wenn Informationsflyer der Verantwortlichen nicht die komplette notwendige Information enthalte, sondern zur Ergänzung auf eine Quelle im Internet verweise (Website des Anbieters).
Eine wirkliche Rechtssicherheit bringen diese Stellungnahmen aber bislang nicht. Im Gegenteil bleibt abzuwarten, ob sich diese Sichtweise tatsächlich auch bei anderen Aufsichtsbehörden durchsetzt.
Nils Michael Becker:
Ich bin Rechtsanwalt mit Sitz in Bad Honnef (Aegidienberg). Einer meiner Interessenschwerpunkte ist das IT- und Datenschutzrecht, hier derzeit insbesondere die Umsetzung der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) für Unternehmen, Selbständige und Vereine. Bei Fragen rufen Sie mich gerne an: 02224-97690821. Meine Kanzlei befindet sich auf dem Retscheider Hof.