Der ewige Streit um die falsche Fütterung (Dressur-Studien 01/2015)

Zum Alltag einer mit Pferderecht befassten Anwaltskanzlei gehört die Frage, was Einsteller gegen Stallbetreiber unternehmen können, die das eingestellte Pferd falsch füttern oder versorgen. Oder: wie sie sie im schlimmsten Fall – dem durch Fütterungsfehler oder sonstige falsche Versorgung verursachten Tod des Pferdes – in die Haftung nehmen können. Einfache Frage, schwierige Antwort.

Immer wieder vermuten Einsteller beispielsweise, ihr Hofbetreiber biete den Pferden schlechtes Heu oder falsches Kraftfutter an, stelle die Tiere in schimmeliges Stroh oder miste nicht ordentlich aus. Alles Dinge, die an sich eindeutig als Verstoß gegen Vertragspflichten zu werten sind und gegen die sich der Einsteller deshalb wehren sollte – wenn er es beweisen kann. Denn das Landgericht Coburg hat jetzt das allgemein geltende Prinzip nochmals bestätigt, dass Schadensersatz für Vertragsverstöße nur zu erwarten ist, wenn sich die Ursache und das Verschulden zweifelsfrei nachweisen lassen. Genau das ist aber in den vielen Fällen schwierig, in denen der Verdacht auf fehlerhafte Fütterung erst nach dem Tod des Pferdes aufkommt. Das Sichern von Beweisen ist nachträglich in der Regel schwierig bis unmöglich, irgendeine Form von „Beweiserleichterung” gibt es aber für Kläger in solchen Fällen nicht. Wer sich auf ein Fehlverhalten seines Vertragspartners beruft, muss ihm das auch nachweisen – und zwar so, dass keine Zweifel daran möglich sind.

Kommt der Verdacht früher auf, dass der Stallbetreiber zu Lasten der Pferde an der Qualität des Futters spart, ist Abwarten ohnehin nicht nur der Gesundheit des Pferdes abträglich, sondern auch den juristischen Ansprüchen: Den Schaden „erst einmal eintreten zu lassen”, wird vom Gesetzgeber nämlich keineswegs honoriert. Im Gegenteil könnte der Pferdebesitzer dann erst recht auf seinem Schaden sitzen bleiben, weil er nach dem Willen des Gesetzgebers zur „Schadensminderung“ verpflichtet ist. Er muss also das ihm Zumutbare unternehmen, um den Eintritt eines Schadens zu verhindern oder wenigstens zu begrenzen – das kann im Zweifelsfall auch den Umzug in einen anderen Stall oder das Beschaffen eigenen Futters bedeuten. Parallel kann er dann den Stallbetreiber auf Erfüllung seiner Pflichten in Anspruch nehmen oder für die eigenen Aufwendungen Schadensersatz verlangen.

Es gilt also im Fall einer vermuteten Schlechtversorgung Beweise zu sichern und dann umgehend Abhilfe zu schaffen. Der Stallbetreiber sollte mit dem konkreten Vorwurf und den gesicherten Beweisen angesprochen und unter Fristsetzung zur Beseitigung der Missstände aufgefordert werden. Kommt er dem nicht nach, wäre eine fristlose Kündigung das Mittel der Wahl.

Voraussetzung für all dies sind aber genügend Beweise – denn spätestens in einem gerichtlichen Verfahren müssen diese vorgelegt werden und dann auch einer richterlichen Prüfung standhalten. Diesen Punkt stellen sich Einsteller häufig viel zu einfach vor. Es reicht nämlich nicht aus, selbst der Meinung zu sein, dass Heu oder Stroh schlecht sind. Dieser Meinung müssten sich im Streitfall auch Gutachter anschließen und ohne die geht es in fast allen Fällen nicht. Wer einigermaßen sichergehen will, besorgt sich daher im Beisein von Zeugen mehrere Futterproben (in zeitlichem Abstand und von unterschiedlichen Stellen) und lässt sie beispielsweise durch landwirtschaftliche Labore auf Schadstoffe untersuchen.

Die Entnahme einer Futterprobe sollte unmittelbar vor Ort schriftlich von den Zeugen bestätigt und durch Fotos untermauert werden. Auch das Verpacken in vorbereitete Versandtaschen eines Labors kann so dokumentiert werden. Mit den Ergebnissen der Proben kann dann über das weitere Vorgehen entschieden werden.

Generell sollten sich Einsteller von solchen Streitigkeiten aber nicht zu viel erhoffen: Der Nachweis, dass systematisch schlechtes Futter gefüttert wird (und nicht nur einzelne Chargen schlecht waren) ist schwierig, noch schwieriger der Nachweis, dass die Fütterung konkret beispielsweise zum Tod eines bestimmten Pferdes geführt hat.

Auch im Fall vor dem Landgericht Coburg sind die Kläger damit gescheitert – denn nach dem Einschläfern des Pferdes waren keine verwertbaren Proben vom Futter des Tieres mehr vorhanden. Je nach Wert des Pferdes können die Prozessrisiken in solchen Fällen mehrere Tausend Euro betragen. Insbesondere die notwendigen Sachverständigengutachten sind häufig sehr teuer und müssen letztlich vom Verlierer des Prozesses gezahlt werden.

In den meisten Fälle wäre es deshalb – Recht hin, Recht her – sinnvoller, einen schnellen Stallwechsel in die Wege zu leiten.

Dieser Beitrag stammt aus der Ausgabe 01/2015 der Dressur-Studien, die Sie hier erwerben können.

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